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Absichtserklärungen, Letter of Intent (LOI), Memorandum of Understanding (MOU) – Wann machen diese Dokumente Sinn?

Anina Groh
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Anina Groh
20.8.2024

Vorvertragliche Vereinbarungen helfen dabei, die Absichten und Eckpunkte einer möglichen Zusammenarbeit festzuhalten, bevor ein verbindlicher Vertrag abgeschlossen wird. Sie sind oft sinnvoll, um Klarheit zu schaffen, sollten jedoch sorgfältig formuliert werden, um ungewollte rechtliche Verpflichtungen zu vermeiden.

Key Message: Absichtserklärungen, Letter of Intent (LOI), Memorandum of Understanding (MOU) sind Synonyme für vorvertragliche Dokumentationen von Parteien, die einen Vertragsabschluss anstreben. Aus symbolisch oder taktischen Gründen können solche Dokumente Sinn machen. Wenn die Vereinfachung von Verhandlungen angestrebt wird, ist eher ein Term Sheet zu empfehlen. Aufgepasst gilt es, wenn die Dokumente ungewollt (!) rechtlich verbindliche Pflichten enthalten.

Im Detail:

1. Anwendungsbereiche

LOI resp. MOU werden häufig eingesetzt, um die Absichten der Parteien bei Fusionen, Übernahmen, Joint Ventures, grösseren Entwicklungskooperationen («R&D») oder ähnlichen umfangreichen Vorhaben festzulegen. Sie dokumentieren die wesentlichen Punkte einer beabsichtigten Zusammenarbeit oder Transaktion und dienen als Leitfaden für die Ausarbeitung endgültiger Verträge.

Häufig enthalten LOI und MOU eine Bestimmung, dass ab Unterzeichnung des Dokuments eine öffentliche Kommunikation (z.B. Medienmitteilung, Post auf Social Media) stattfindet. Daher haben LOI und MOU oft einen wichtigen Einfluss im Bereich Kommunikation/Marketing.

2. Bezeichnungen

Die Begriffe Absichtserklärungen, Letter of Intent (LOI), Memorandum of Understanding (MOU) sind grundsätzlich Synonyme für vorvertragliche Dokumentationen. LOI wird häufig verwendet, wenn die vertragliche Absicht schon relativ klar ist oder wenn nur eine Partei ein Absicht äussert. MOU wird häufiger im politischen Kontext verwendet und gilt tendenziell als etwas schwächere Absichtserklärung. Ein MOU wird immer von mindestens zwei Parteien unterschrieben. Wie bei allen rechtlichen Dokumenten ist nicht der Titel sondern der Inhalt des Dokuments entscheidend.

3. Verbindlich oder nicht?

LOI und MOU sind in der «klassischen» Variante rechtlich nicht verbindlich. D.h. sie enthalten eben nur die Absicht der Parteien einen Vertrag zu verhandeln, aber nicht eine verbindliche Pflicht dazu.

Teilweise werden jedoch (bewusst oder unbewusst) gewisse verbindliche Regeln in LOI oder MOU eingebaut. Verbindliche Regeln findet man insbesondere zu folgenden Aspekten:

  • (Gemeinsame) Kommunikation über den Inhalt (z.B. Medienmitteilung, Post auf Social Media)
  • Exklusivität der Parteien für einen gewissen Zeitraum für den vorgesehenen Zweck nur miteinander (und nicht mit Dritten) zu verhandeln

Wichtig ist, dass die Parteien ich bewusst sind, ob und welche Bestimmungen verbindlichen Charakter haben.

4. Vorteile

Ein grosser Vorteil von LOI und MOU liegt in der Möglichkeit, frühzeitig Einigkeit über zentrale Aspekte einer Kooperation oder Transaktion zu erreichen. Sie ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Marktchancen.

Ein sehr grosser Vorteil liegt zudem darin vergleichsweise schnell und unkompliziert eine Basis für eine Kommunikation an die Öffentlichkeit zu haben. Häufig wird in LOI und insb. in MOU (verbindlich) festgelegt, wer was und wie zum Inhalt kommunizieren darf.

5. Nachteile

Ein wesentlicher Nachteil ist die potenzielle Rechtsunsicherheit zwischen den Parteien, wenn später kein Vertrag abgeschlossen wird.

LOI und MOU können unterschiedlich interpretiert werden, besonders wenn sie nicht präzise formuliert sind, und damit bei Vertragsverhandlungen zu Verzögerungen führen.

Für die Ausarbeitung von LOI und MOU müssen Ressourcen eingesetzt werden, die sich nur lohnen, wenn damit die Vertragsverhandlungen effektiv verkürzt werden.

Ein weiterer Nachteil ist, dass in der Praxis unter dem Titel LOI oder MOU häufig rechtlich verbindliche Pflichten «versteckt» sind und unerfahrene Parteien sich der entsprechenden Konsequenzen nicht bewusst sind.

6. Unterschied zum Term Sheet

Ein Term Sheet ist ebenfalls ein vorvertragliches Dokument, welches auf einen Vertragsabschluss hinzielt. Ein Term Sheet enthält im Unterschied zum LOI und MOU aber bereits relativ detailliert die vorgesehene vertragliche Struktur. Mehr zum Term Sheet erfährst du in diesem Blogbeitrag: Term Sheet – sinnvoll ja oder nein?

Ein Term Sheet ist einem LOI oder MOU vorzuziehen, sofern keine öffentliche Kommunikation gewünscht ist und das Hauptziel die effiziente Vorbereitung der Verhandlung und Identifikation von allfälligen «Dealbreaker» ist.

7. Checkliste

Die nachfolgende Checkliste kann als Hilfe dienen für die Formulierung und Prüfung von MOU oder LOI:

  • Abgrenzung der rechtlichen Bindung: Explizite Klärung, welche Teile des Dokuments rechtlich bindend sind.
  • Zeitrahmen: Festlegung eines Zeitplans für die anschliessenden Verhandlungen und von Ablaufbedingungen.
  • Ausstiegsklauseln: Regelungen für den Abbruch der Verhandlungen oder der Zusammenarbeit.
  • Vertraulichkeitsklauseln: Sicherstellung, dass sensible Informationen geschützt sind.

Vorvertragliche Vereinbarungen helfen dabei, die Absichten und Eckpunkte einer möglichen Zusammenarbeit festzuhalten, bevor ein verbindlicher Vertrag abgeschlossen wird. Sie sind oft sinnvoll, um Klarheit zu schaffen, sollten jedoch sorgfältig formuliert werden, um ungewollte rechtliche Verpflichtungen zu vermeiden.