Hast du schon einmal einen Vertrag eingescannt und per E-Mail verschickt, nachdem du ihn unterschrieben hast? Oder vielleicht einen Scan von deiner Unterschrift in ein Worddokument eingefügt? Im digitalen Zeitalter ist der Vertragsschluss deutlich einfacher geworden. Aber sind die Verträge, die so geschlossen werden, auch rechtlich verbindlich?
Im neuesten Blogbeitrag von Lex Futura erfährst du, alles was du wissen musst zur digitalen Unterzeichnung von Verträgen. Ausserdem stellen wir dir hilfreiche Werkzeuge zur Verfügung, um die richtige Art und das richtige Tool für deine digitale Signatur zu wählen.
1. In a Nutshell
Grundsätzlich können Verträge in jeder beliebigen Form abgeschlossen werden, solange das Gesetz nichts anderes bestimmt. Im Geschäftsalltag wird allerdings häufig vereinbart, dass ein Vertrag nur schriftlich geschlossen oder angepasst werden kann. Wenn nicht konkretisiert wird, was unter «schriftlich» verstanden wird, genügt grundsätzlich nur die handschriftliche Unterschrift oder eine sog. qualifizierte elektronische Signatur, um den Vertrag gültig abzuschliessen. Ob auch andere Arten der Unterzeichnung zulässig sind, ist umstritten und sollte daher ausdrücklich im Vertrag bestimmt werden. Wie du vorgehen solltest, damit du rechtlich auf der sicheren Seite bist, erfährst du in unserer Anleitung unten.
2. Ausgangslage
Formfreiheit
Im schweizerischen Vertragsrecht gilt grundsätzlich Formfreiheit. Das bedeutet, Verträge dürfen in jeder erdenklichen Form abgeschlossen werden. Ein rechtlich verbindlicher Vertrag entsteht also nicht bloss, wenn du einen schriftlichen Vertrag unterzeichnest. Verträge können auch mündlich und sogar stillschweigend geschlossen werden. Beispielsweise kannst du im Supermarkt einen Vertrag abschliessen, indem du die Waren auf das Laufband legst und anschliessend bezahlst. Während dieser Transaktion kein einziges Wort zu sagen, mag zwar unhöflich sein, auf die rechtliche Verbindlichkeit des geschlossenen Kaufvertrags hat es aber keinen Einfluss. Auch per E-Mail oder per Whatsapp können grundsätzlich Verträge abgeschlossen werden. Für bestimmte Rechtsgeschäfte schreibt das Gesetz allerdings ausdrücklich vor, dass diese in einer bestimmten Form geschlossen werden müssen. Diese Formvorschriften dienen dazu, die Beweiskraft von wichtigen Rechtsgeschäften zu erhöhen. Teilweise sollen sie aber auch verhindern, dass man sich leichtfertig zu etwas verpflichtet, was man vielleicht gar nicht will. So ist ein Versprechen, jemandem etwas zu schenken, beispielsweise nur verbindlich, wenn es schriftlich abgegeben wird.
Arten von Formvorschriften
Das Gesetz kennt verschiedene «Stufen» von Formvorschriften. Die schwächste Version ist die einfache Schriftlichkeit. Um einen Vertrag zu schliessen, der die einfache Schriftlichkeit erfüllt, musst du die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich festhalten und danach handschriftlich unterzeichnen. Daneben bestehen auch noch die qualifizierte Schriftlichkeit und die öffentliche Beurkundung. Diese beiden Arten von Formvorschriften stellen noch höhere Anforderungen an den Vertragsschluss. Sie können daher grundsätzlich nicht in elektronischer Form geschlossen werden. Typische Beispiele für Rechtsgeschäfte, die einer gesetzlichen Formvorschrift unterliegen, sind das Testament, der Grundstückkauf, die Bürgschaft und die Abtretung von Forderungen.
Vertragliche Formvorschriften
Oftmals vereinbaren Vertragsparteien, dass ein Vertrag «schriftlich» oder «in Schriftform» abgeschlossen werden soll. Gerade im Geschäftsalltag macht es durchaus Sinn, die geschlossenen Vereinbarungen schriftlich festzuhalten. Meist ist den Parteien dabei aber gar nicht bewusst, was das für rechtliche Konsequenzen hat. Wenn sie nämlich nicht selbst definieren, was «schriftlich» bedeutet, muss der Vertrag die Anforderungen der einfachen Schriftlichkeit gemäss Gesetz erfüllen (OR 16 II). Grundsätzlich müsste der Vertrag also handschriftlich unterzeichnet werden, damit er gültig ist. (Fast) Alle Formen der digitalen Unterzeichnung werden dadurch ausgeschlossen.
Wenn der Vertrag keiner besonderen Formvorschrift unterliegt, kann er grundsätzlich auch im digitalen Bereich in jeder erdenklichen Form abgeschlossen werden. Es genügt also einen Scan des unterschriebenen Vertrags auszutauschen, das PDF mit docusign zu unterzeichnen oder per Textnachricht zuzustimmen. Die Vertragsparteien können untereinander vereinbaren, welche Anforderungen sie an die Unterzeichnung stellen wollen. Aber was gilt im digitalen Raum, wenn eine gesetzliche Formvorschrift besteht oder vereinbart wurde, dass der Vertrag schriftlich geschlossen werden soll?
3. Arten von digitaler Unterzeichnung
E-Mail, Whatsapp, SMS
Wenn für einen Vertrag ein gesetzliches Schriftlichkeitserfordernis besteht oder vereinbart wurde, dass dieser nur schriftlich abgeschlossen werden kann, kann er grundsätzlich nicht mehr per Textnachrichten geschlossen werden. Es genügt in diesen Fällen also nicht, einfach per Whatsapp/SMS oder E-Mail zuzustimmen. Eine wichtige Ausnahme besteht in diesem Punkt im Geschäftsverkehr. Wenn im Geschäftsalltag ein Schriftlichkeitserfordernis vereinbart wird, ohne dass dies gesetzlich vorgeschrieben ist, darf grundsätzlich angenommen werden, dass die Bestätigung per E-Mail (aber nicht per Whatsapp oder SMS) genügt. Um sicherzugehen, empfehlen wir dir aber, ausdrücklich im Vertrag festzuhalten, dass der Vertrag auch per E-Mail geschlossen werden kann.
PDF- und Bilddateien
Es ist umstritten, ob das Zustellen einer PDF- oder Bilddatei von einem unterschriebenen Vertrag das Schriftlichkeitserfordernis erfüllt. Um ganz sicherzugehen, empfehlen wir daher auch hier, ausdrücklich im Vertrag festzuhalten, dass dies zulässig ist. Ausserdem solltest du bei einem gesetzlichen Schriftlichkeitserfordernis auf diese Variante verzichten. Offen ist zudem, ob es genügt, ein Bild oder Scan einer Unterschrift in eine elektronische Datei einzufügen. Bis in diesem Punkt eine Gerichtspraxis besteht, empfehlen wir dir daher, Verträge nicht auf diese Weise zu unterzeichnen. Wenn keine gesetzlichen Formerfordernisse bestehen, kannst du aber auch hier ausdrücklich im Vertrag vereinbaren, dass diese Art von Unterzeichnung gültig sein soll.
Einfache elektronische Signatur
Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die Tools zur digitalen Vertragsunterzeichnung anbieten. Mit Produkten wie Skribble oder docusign kannst du Verträge digital unterzeichnen, ohne dass du das Dokument jedes Mal ausdrucken, unterzeichnen und danach einscannen musst. Ausserdem bieten diese Programme eine erhöhte Beweiskraft. Allerdings sind sie der gesetzlichen Form der einfachen Schriftlichkeit nicht gleichgestellt. Die sog. einfache elektronische Signatur (EES) kann also nur verwendet werden, wenn keine Formvorschrift besteht. Wenn du vereinbart hast, dass der Vertrag schriftlich geschlossen werden soll, musst du ausdrücklich festhalten, dass die Unterzeichnung per EES zulässig ist.
Gesetzliche elektronische Signaturen
Seit 2016 sind die elektronischen Signaturen gesetzlich im ZertES geregelt. Das Gesetz sieht einerseits die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) vor. Im Unterschied zur EES ist diese Unterschriftsform an gewisse gesetzliche Mindeststandards gebunden. Die FES bietet daher grundsätzlich eine erhöhte Sicherheit im Vergleich zur EES. Allerdings genügt die FES ebenfalls nicht, wenn der Vertrag schriftlich unterzeichnet werden soll (ausser dies wurde ausdrücklich vereinbart und es besteht keine gesetzliche Formvorschrift). Die einzige elektronische Signatur, die der einfachen Schriftlichkeit gleichgestellt ist, ist die qualifizierte elektronische Signatur (QES). Mit dieser können auch Verträge geschlossen werden, für die die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben ist. Ausserdem musst du nicht ausdrücklich festhalten, dass der Vertragsschluss per QES möglich sein soll, wenn du vereinbarst, dass dieser schriftlich erfolgen soll. Bisher gibt es in der Schweiz allerdings nur vier zugelassene Anbieter für QES (Liste der zugelassenen Anbieter) und die wenigsten Personen im Geschäftsalltag verfügen über die Möglichkeit mit QES zu unterzeichnen.
4. Richtig (digital) unterzeichnen – eine Anleitung
Art der Unterzeichnung
Unabhängig davon, ob du deine Verträge digital oder handschriftlich unterzeichnen willst, ist es wichtig, dass du eine geeignete Form für dein Unternehmen wählst. Bei der Unterzeichnung von Verträgen besteht oft ein Zielkonflikt zwischen den Kosten und dem Zeitaufwand für eine Signatur einerseits und der rechtlichen Sicherheit, welche die gewählte Form bietet. Damit du keine Ressourcen verschwendest, aber trotzdem rechtlich abgesichert bist, empfehlen wir eine Kombination von Kriterien zu beachten. Wichtige Faktoren sind beispielsweise die Komplexität des Vertragsverhältnisses und die Beziehung zwischen den Vertragsparteien. Aber auch die Laufzeit des Vertrags und der bestehende Zeitdruck sollten beachtet werden.
Entscheidungshilfe
Um dir die Auswahl zu vereinfachen, stellen wir dir unsere Entscheidungshilfe zur Verfügung. Mit dieser kannst du ganz einfach ermitteln, welche Art von Unterzeichnung für deine Situation geeignet ist.
Das richtige Tool
Wenn du dich für eine digitale Signatur entschieden hast, gilt es das richtige Tool zu wählen. Dabei solltest du die folgenden Aspekte beachten:
- Preis und Häufigkeit der Abrechnung;
- Verfügbarkeit in den relevanten Ländern;
- Ort des Hostings (teilweise bestehen Unternehmen auf ein Hosting in der Schweiz oder der EU);
- Sicherheit;
- Bereits verfügbare Tools der Vertragsparteien.
Damit du eine informierte Entscheidung treffen kannst, stellen wir dir unsere Übersicht über die gängigen Tools zur digitalen Vertragsunterzeichnung zur Verfügung.
Die richtige Vertragsklausel
Nachdem du dich für eine Art der Unterzeichnung und ein passendes Tool entschieden hast, ist es wichtig, dass du den Vertrag richtig formulierst. Mithilfe von unserem Vorlagenset kannst du dir in drei einfachen Schritten die passende Vertragsklausel zusammenstellen. Im Step A findest du verschiedene Standardklauseln, um die Schriftform für deinen Vertrag festzulegen. Im Step B kannst du definieren, welche Arten von Unterzeichnung die Schriftform erfüllen sollen. Im Step C kannst du noch spezifische Bestimmungen hinzufügen, beispielsweise kannst du die Sprache bestimmen oder die Kontaktadressen der Vertragsparteien festlegen.
Unterzeichnung
Zum Schluss musst du den Vertrag natürlich noch gemäss der gewählten Vorschrift unterzeichnen.