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Verträge (digital) richtig unterzeichnen

Anina Groh
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Anina Groh
2.6.2022

In der Praxis zeigt sich, dass Unternehmen oftmals entweder komplizierte Signaturverfahren durchlaufen (z.B. postalische Versendung von Dokumenten zur gegenseitigen Unterzeichnung), was mit einem hohen administrativen Aufwand und Zeitverlust verbunden ist; oder dass Verträge gar nicht oder z.B. «nur» als PDF-Scans unterzeichnet und per E-Mail ausgetauscht werden, wobei die Parteien teilweise nicht wissen, ob damit der Vertrag überhaupt rechtsgültig unterzeichnet wurde.

Lex Futura zeigt in diesem Beitrag verschiedene Möglichkeiten Verträge der jeweiligen Situation angepasst und rechtlich korrekt zu unterzeichnen und gibt dafür insb. auch einen Überblick über die verschiedenen digitalen Unterzeichnungsmöglichkeiten. Wir präsentieren ein hilfreiches Entscheidungstool, damit die «richtige» Unterzeichnungsart für den jeweiligen Vertrag gefunden wird und wir stellen ein Vorlagenset von Vertragsklauseln zur Form der Unterzeichnung von Verträgen zur Verfügung.

Oftmals sind sich Parteien nicht bewusst darüber, wie Verträge unterzeichnet werden müssen und was die häufig in Verträgen verlangte Form «schriftlich unterzeichnen» (resp. «Schriftlichkeit») bedeutet. Wir stellen nachfolgend daher das Konzept des Vertragsabschlusses und der Schriftlichkeit nach Schweizer Recht kurz vor (Kapitel 1 bis 3) und zeigen anschliessend in Kapitel 4, wie Verträge in einem modernen Unternehmen zuverlässig unterzeichnet werden können.

1. Verträge unterzeichnen im Allgemeinen

Im schweizerischen Vertragsrecht gilt grundsätzlich Formfreiheit beim Vertragsabschluss, d.h. Verträge können ohne Einhaltung einer besonderen Form abgeschlossen werden, z.B. stillschweigend, mündlich, in irgendeiner elektronischen Form oder schriftlich. Eine Konversation per E-Mail oder WhatsApp kann daher durchaus einen Vertragsschluss darstellen, wenn hervorgeht, dass sich die Parteien über etwas geeinigt haben.

Nur ganz bestimmte Verträge unterliegen gesetzlichen Formvorschriften. Dabei stellt die sogenannte «einfache Schriftlichkeit» die schwächste gesetzliche Formvorschrift dar. Für diese wird verlangt, dass eine Erklärung in Schriftform sowie deren handschriftliche Unterzeichnung stattfindet (d.h. ganz konkret, dass der Vertrag ausgedruckt werden und von Hand unterschrieben werden muss).

Für den Unternehmensalltag ist jedoch wichtig zu erkennen, dass Verträge – auch wenn keine gesetzlich keine Formvorschrift vorgesehen ist - aus Beweisgründen dennoch in einer nachvollziehbaren Form, die aufbewahrt werden kann, abgeschlossen werden sollten. Um dies sicherzustellen, kann im Vertrag eine sog. Schriftlichkeitsklausel eingefügt werden (dazu mehr in Kapitel 4 Schritt 3).

In diesem Blogbeitrag konzentrieren wir uns auf Situationen, in welchen keine Formerfordernisse bestehen. Dies ist bei den meisten Unternehmen für fast alle Verträge der Fall. Trotz der grundsätzlichen Formfreiheit ist es - abhängig von verschiedenen Faktoren - für ein Unternehmen aber sehr wichtig, die passende Art der Vertragsunterzeichnung zu wählen.

2. Verträge

Für Verträge, die keinem gesetzlich vorgeschriebenen Schriftformerfordernis genügen müssen, gibt es auch im digitalen Bereich keine gesetzlichen Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Es genügt daher z.B. der Austausch von PDF-Dateien, Bestätigungen per E-Mail und alle anderen denkbaren Formen digitaler Unterzeichnung. Es obliegt hier den entsprechenden Vertragsparteien, Regelungen miteinander zu vereinbaren, um zu definieren, wie ein Vertrag unterzeichnet werden soll.

Wenn das Gesetz einfache Schriftlichkeit verlangt, muss die Unterzeichnung – wenn er digital unterzeichnet wird – besonderen Anforderungen genügen (dazu nachstehend sog. Qualifizierte elektronische Signatur «QES»).

Die verschiedenen Möglichkeiten Verträge digital zu unterzeichnen, unterscheiden sich vor allem dadurch, dass eine unterschiedliche hohe Beweiskraft (und damit Rechtssicherheit) geschaffen werden kann und dass der Unterzeichnungsprozess unterschiedlich aufwändig ist. Im Vorlagenset haben wir die gängigsten Möglichkeiten Verträge (digital) zu unterzeichnen nach der Intensität der Beweiskraft aufgelistet (dazu Kapitel 4 Schritt 3).

3. Rechtliche Rahmenbedingungen zur digitalen Signatur

Wie erwähnt gibt es keine rechtlichen Rahmenbedingungen zur digitalen Unterzeichnung zu beachten, soweit keine gesetzliche Formvorschrift zum Vertragsabschluss besteht.

Mit Art. 14 Abs. 2bis OR hat der Gesetzgeber dafür eine Grundlage geschaffen, eine digitale Signatur der gesetzlich normierten einfachen Schriftlichkeit gleichzustellen. Hiermit anerkennt der Gesetzgeber die rechtliche Gleichwertigkeit einer handschriftlichen Signatur (einfache Schriftlichkeit) mit einer sog. Qualifizierten Elektronischen Signatur (QES). Die QES erfüllt somit das Formerfordernis der einfachen Schriftlichkeit.

Die Definition einer QES ist im Bundesgesetz über die elektronische Signatur (ZertES) geregelt. Sie muss von einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten ausgestellt worden sein. Derzeit sind vier Anbieterinnen von Zertifizierungsdiensten anerkannt: Swisscom (Schweiz) AG, QuoVadis Trustlink Schweiz AG, SwissSign AG, Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT (weitere Informationen sowie die Liste anerkannter Anbieterinnen findet sich hier).

Von den Anbietern elektronischer Signaturen wird hierbei ein Zertifikat ausgestellt, welches bestätigt, ob der bei einer Signatur verwendete Schlüssel einer bestimmten (bzw. der behaupteten) Person zugeordnet werden kann und, ob das Dokument seit der elektronischen Signatur verändert worden ist.

Darüber hinaus ist auch die fortgeschrittene elektronische Signatur (FES) gesetzlich im ZertES geregelt. Es wird eine Software zur Verschlüsselung benötigt – es genügt nicht, die Unterschrift einfach durch Unterzeichnen eines PDFs zu setzen. Die FES ist sicherer als letzteres, weil mit ihr Herkunft und Echtheit der Unterschrift überprüft wird (durch Einsatz von digitalen Sicherheitsschlüsseln und Sicherheitszertifikaten). Sie hat jedoch ein geringeres Sicherheitslevel als die QES. Nur die QES ist gesetzlich der handschriftlichen Signatur und somit dem Formerfordernis der einfachen Schriftlichkeit gleichgestellt.

Zudem gibt es auch die geregelte elektronische Signatur (für natürliche Personen) bzw. das geregelte elektronische Siegel (für juristische Personen). Es handelt sich hierbei um fortgeschrittene elektronische Signaturen, die mit weitergehenden Identifikationsmöglichkeiten erstellt wurden. Diese steht im Gegensatz zur QES nicht nur natürlichen Personen, sondern auch juristischen Personen und Behörden zur Verfügung. Sie sind nicht der Schriftlichkeit im Sinne von Art. 14 OR gleichgestellt. Parteien können aber die Gültigkeit von einer solchen abhängig machen.

4. Richtig (digital) unterzeichnen – eine Anleitung

1.) Die richtige Art der Unterzeichnung auswählen

Es ist wichtig sich als Unternehmen die Frage zu stellen, in welcher Form ein Vertrag unterzeichnet werden soll und die entsprechende Vertragsklausel richtig zu wählen – unabhängig davon, ob die Vertragsunterzeichnung physisch oder digital geschehen soll.

Folgende Entscheidungskriterien sollten bei der Wahl der Form des Vertragsabschlusses bzw. der Ausgestaltung derer Intensität in Betracht gezogen werden:

  • Wo befinden sich die Parteien?
  • Befinden sich die unterzeichnenden Personen im gleichen Gebäude oder ist ohnehin – z.B. aus zeremoniellen Gründen – eine physische Zusammenkunft der Vertragsparteien vorgesehen, ist ein physischer Unterzeichnungsprozess kein übermässiger zusätzlicher Aufwand und eine digitale Unterzeichnung nicht unbedingt angezeigt.
  • Je geografisch entfernter sich die Parteien voneinander befinden, desto komplizierter sind administrativ aufwändige Verfahren, wie bspw. Postversand. Die Vereinbarung einer digitalen Unterzeichnung ergibt in solchen Situationen mehr Sinn.
  • Wie ist die Beziehung / das Vertrauen der Parteien zueinander?
  • Bei einem stärkeren Machtgefälle und weniger engem Verhältnis der Parteien sind strengere Schriftlichkeitsvorschriften oft von Vorteil, da das Risiko einer potenziellen Streitigkeit hier erhöht ist. Eine strengere Vorschrift dient dem Schutz beider Parteien.
  • Besteht ein gutes Verhältnis bzw. eine stärkere Vertrauensbasis zwischen den Parteien, reichen einfachere Formen der Schriftlichkeit in den meisten Fällen aus.
  • Wie komplex / riskant ist die vertragliche Angelegenheit?
  • Je komplexer ein Vertragsverhältnis und je risikobehafteter die vertragliche Angelegenheit ist, desto eher sollten formellere Anforderungen an die Schriftlichkeit und der hiermit verbundenen Verfahren bestehen.
  • Weist ein Rechtsgeschäft eine geringe Komplexität aufweist und das finanzielle Risiko gering ist, reichen einfache Unterzeichnungsformen aus.  
  • Was ist die Laufdauer des Vertrags?
  • Ist ein Vertrag auf eine lange Zeit angesetzt, empfiehlt es sich, strengere Formvorschriften zu wählen, da eine lange Vertragsdauer mit einer schlechten Vorhersehbarkeit der Verhältnisveränderungen einhergeht und potenzielle Konflikte schlecht vorhersehbar sind.
  • Bei Verträgen mit einer kurzen Vertragsdauer, sind auch die Verhältnisse und Möglichkeiten von Veränderungen vorhersehbar. Aus diesem Grund ist es hier auch in Ordnung schwächere Vorschriften zu wählen.
  • Wie viel Zeitdruck besteht?
  • Eilt der Vertragsschluss nicht und haben die Parteien Zeit, alles in Ruhe zu unterzeichnen, desto mehr eignen sich auch formal aufwändigere, aber somit auch mit mehr Sicherheit einhergehende Verfahren.
  • Je mehr Zeitdruck zwischen den Parteien besteht, desto weniger bieten sich administrativ aufwändige Verfahren an. Es ist in einem solchen Fall eher im Interesse der Parteien eine einfache, digitale Lösung zu finden.
  • Soll die vereinbarte Schriftform nur für den Vertragsabschluss selbst gelten oder gleichzeitig auch für alle Änderungen des Vertrags sowie Mitteilungen unter den Parteien?
  • Es ist möglich für verschiedene Kommunikationsformen auch verschiedenen Anforderungen zu unterstellen. Bspw. Unterzeichnung und Abänderung des Vertrags nur handschriftlich oder mit QES unterzeichnet zulässig, aber vertragliche Mitteilungen per E-Mail sind in Ordnung. Sollte die vereinbarte Form nur für den Vertragsschluss gelten, kann auch eine anspruchsvollere Variante gewählt werden.
  • Soll eine einheitliche Variante für jegliche schriftliche Kommunikation zwischen den Parteien gewählt werden, sollte eine einfach und schnell zu erfüllende Variante sein. Ansonsten können sich Mitteilungen und Änderungen als äusserst kompliziert und langwierig gestalten.
  • Wie ist der Umfang des Vertrags?
  • Ist ein Vertrag wenig umfangreich, hat wenige oder keine Beilagen, die noch unterzeichnet werden müssen, so bietet sich eine physische Unterzeichnung an.
  • Möchten die Parteien einen umfangreichen Vertrag unterzeichnen, der zahlreiche Beilagen enthält, die auch noch signiert werden sollen, kann eine digitale, einfache Unterzeichnung für die Parteien bequemer sein.
  • Sind unternehmensinterne Regeln und Vorgaben vorhanden?
  • Gelten unternehmensintern strenge Vorgaben, sei es bei einer Vertragspartei oder beiden, empfiehlt es sich, diese entsprechend auf jeden Fall einzuhalten. Eine Vertragsdurchsetzung und -akzeptanz beiderseits ist somit sichergestellt.
  • Hat keine Vertragspartei unternehmensinterne Vorgaben zu beachten, so können sich die Parteien auch frei auf eine digitale, einfache Unterzeichnung einigen

Unter diesem Link finden Sie ein Tool, welches die Suche nach der richtigen Art der Vertragsunterzeichnung vereinfacht: Entscheidungshilfe.

2.) Das richtige Tool auswählen

Sofern unter dem ersten Schritt oben die digitale Unterzeichnung mittels eines Tools als die richtige Unterzeichnungsart eruiert wurde, muss das entsprechende Tool ausgewählt werden.

Relevante Aspekte bei der Auswahl des richtigen Tools können sein:

  • Preis (auch: monatlich, jährliche Abrechnung)
  • Verfügbarkeit in den entsprechenden Ländern
  • Tools, über welche eine oder beide Vertragsparteien bereits verfügen
  • Ob beide Seiten über das Tool verfügen müssen
  • Ort des Hostings (es kann sein, dass ein Unternehmen darauf beharrt, dass das Hosting in der Schweiz oder EU sein muss)

Weitere Kriterien entnehmen Sie unserer Toolübersicht: Lex Futura hat eine Übersicht der derzeit in der Schweiz bekanntesten digitalen Unterzeichnungs-Tools zusammengestellt, welche unter folgendem Link abrufbar ist: Toolübersicht

3.) Die richtigen Klauseln für den Vertrag auswählen

Unter diesem Link findet sich ein Set von Vorlagen zu Formvorschriften und insb. zur Form zur Vertragsunterzeichnung: Vorlagenset

Das Vorlagenset setzt sich aus drei Ebenen zusammen: einerseits eine generelle Formulierung einer Schriftlichkeitsanforderung (Step A) und andererseits einer Definition der Schriftlichkeit (Step B). Weitere Details zur Individualisierung können durch unsere «Add-ons» eingefügt werden (Step C).

Zunächst sucht man bei Step A eine generelle Formulierung für eine Schriftlichkeitsformel aus, je nachdem für was diese benötigt wird. Danach sucht man eine Definition der gewünschten Schriftlichkeit in Step B heraus, je nachdem welche Intensität sinnvoll ist. Unsere Entscheidungshilfe gemäss Schritt 1 oben kann dabei unterstützen, die richtige Intensität der Schriftlichkeit für die jeweilige Situation zu finden. Als letztes können unter Step C noch weitere Besonderheiten hinzugefügt werden (z.B. wenn der Postversand per Einschreiben erfolgen soll).

4.) (Digital) unterzeichnen

Als letzten Schritt müssen die Vertragsparteien nun natürlich den Vertrag auch noch gemäss der gewählten Form unterzeichnen.

Mit den obigen Übersichten und Tools steht einem modernen Unternehmen somit nun nichts mehr im Weg erfolgreich und sicher über die Ziellinie am Vertragsende zu gelangen.

Hinweis zur Toolübersicht: Die Toolübersicht entspricht der am Datum des Blogbeitrags geltenden Situation. Da sich die Angebote und die Anbieter in diesem Bereich ändern können, sind die aktuellen Angebote regelmässig zu prüfen.

Hinweis zur Form des Vertragsabschlusses: Wie erwähnt bezieht sich der vorliegende Blogbeitrag auf Situationen, in denen Schriftlichkeit nicht von Gesetzes wegen notwendig ist. Dies ist im Unternehmensalltag häufig der Fall. Die wichtigsten Ausnahmen, bei denen Formerfordernisse zu erfüllen sind, sind die Übertragung von Immaterialgüterrechten, Zession von Forderungen, Bürgschaften und Grundstückkäufe. Wir empfehlen jedem Unternehmen regelmässig zu prüfen, ob und wenn ja, in welchen Konstellationen in ihrem Unternehmensalltag Formerfordernisse für Vertragsabschlüsse zu erfüllen sind.

Verträge zu unterzeichnen ist ein wichtiger Bestandteil des Unternehmensalltags. Faktoren wie Zeitdruck und geografische Distanz führen unter vielen Vertragsparteien zur Frage, wie sie einerseits Ihrem Wunsch nach einem rechtlich korrekten Vertragsabschluss und andererseits auch Praktikabilität und Flexibilität gerecht werden können. In diesem Blogbeitrag zeigen wir, wie Verträge im Unternehmensalltag rechtlich korrekt unter Nutzung der digitalen Möglichkeiten unterzeichnet werden können.