Start-ups schaffen häufig Anreize für ihre Mitarbeiter, indem sie sie durch die Ausgabe von Aktien am (künftigen) Erfolg des Unternehmens beteiligen. Solche Vergütungssysteme spielen eine entscheidende Rolle dabei, dass Start-ups
eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, hochqualifizierte Talente anzuziehen und zu halten. Unser Partner Alain Friedrich hat einen Leitfaden verfasst, der die wichtigsten Arten, Strukturen und steuerlichen sowie rechtlichen Aspekte von Mitarbeiterbeteiligungsplänen von Schweizer Start-ups zusammenfasst.
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Einleitung
Bei Start-ups erfolgt die Incentivierung von Mitarbeitenden oft über die Einräumung von Beteiligungen am (künftigen) Unternehmenserfolg. Solche im vorliegenden Beitrag als „Mitarbeiterbeteiligungen“ bezeichnete Vergütungssysteme spielen eine entscheidende Rolle dabei, dass Start-ups hochqualifizierte Talente für sich gewinnen und diese auch halten können.
Das Grundkonzept einer Mitarbeiterbeteiligung ist den Gründerteams in der Regel bekannt, für die Nuancen ist aber in jedem Fall eine Expertin beizuziehen. Das Ziel des vorliegenden Guides ist es, dass Gründerinnen und Investoren die Arten, die Strukturierung und die steuerlichen Implikationen der geläufigsten Mitarbeiterbeteiligungen bei Schweizer Start-ups besser verstehen und sich einen ersten Überblick verschaffen können. Dabei wird nicht nur auf die (steuer-)rechtlichen Rahmenbedingungen von Mitarbeiterbeteiligungen eingegangen, sondern aufgezeigt, wie Mitarbeiterbeteiligungsprogramme den Exit und Finanzierungsrunden beeinflussen.
Aber fangen wir mit den Basics an.
1. Was sind Mitarbeiterbeteiligungen?
Im vorliegenden Guide dient die Bezeichnung “Mitarbeiterbeteiligung” als Oberbegriff für die üblichen, von einem Schweizer Start-up für die Incentivierung von Mitarbeitenden eingesetzten Instrumente. Dabei geht es im Wesentlichen um (i) Mitarbeiteraktien, Mitarbeiteroptionen (auch Employee Stock Option Program, ESOP genannt) und (ii) virtuelle Beteiligungen (auch Phantom Shares oder Virtual Stock Option Plan [VSOP] genannt).
Sämtliche Arten von Mitarbeiterbeteiligungen haben gemeinsam, dass sie die Mitarbeitenden motivieren sollen, sich dem Start-up anzuschliessen, vollen Einsatz zu zeigen, für einen bestimmten Zeitraum im Unternehmen zu verbleiben und letztlich am realisierten Wert des Unternehmens im Rahmen eines sog. Exits oder Liquidity Events zu partizipieren.
2. Warum sind Mitarbeiterbeteiligungsprogrammebei Start-ups beliebt?
Bei Start-ups sind Mitarbeiterbeteiligungsprogramme aus verschiedenen Gründen besonders beliebt.
Zunächst dienen solche Programme der Gewinnung von Mitarbeitenden. Hochqualifizierte Mitarbeitende haben bei Grossunternehmen in der Regel eine überdurchschnittlich hohe Vergütung und attraktive Fringe Benefits. Bei Start-ups fehlt in der Regel die Liquidität oder der Wille, ähnlich hohe Barvergütungen zu bezahlen. Entsprechend nutzen Start-ups Mitarbeiterbeteiligungsprogramme und vergüten hoch qualifizierte Mitarbeitende mit Aktien oder Optionen und lassen diese Personen somit direkt oder indirekt am Erfolg des Unternehmens partizipieren.
Weiter dienen Mitarbeiterbeteiligungen der Mitarbeiterbindung. Mit der Anstellung von Talenten ist es für Start-ups nämlich noch nicht getan. Die eigentliche Kunst besteht darin, Schlüsselpersonen im Unternehmen zu halten. Hier können Mitarbeiterbeteiligungen, welche über mehrere Jahre vesten («angespart werden») und die Begünstigten an einer (hoffentlich) stetigen Wertsteigerung ihrer Arbeitgeber teilhaben lassen, eine wichtige Rolle spielen. Zudem führen Mitarbeiterbeteiligungen in der Regel dazu, dass die Interessen des Gründerteams, der Investoren und der Mitarbeitenden in Einklang gebracht werden können. Sind Schlüsselpersonen am Unternehmen beteiligt, ist davon auszugehen, dass die Zusammenarbeit gestärkt wird und alle auf das gemeinsame Ziel der Unternehmens-wertsteigerung hinwirken.
Schliesslich (und v.a.) sollen Mitarbeiterbeteiligungsprogramme der Motivation und Incentivierung dienen. Die Annahme ist, dass Arbeitnehmende besonders hart arbeiten, wenn sie dies für «ihr» Unternehmen tun und direkt am Erfolg der Arbeitgeberin partizipieren.
Natürlich setzen Start-ups Aktien, Optionen oder virtuelle Beteiligungen punktuell auch zur Entschädigung von Beratern und Dienstleistungsunternehmen ein. Auch wenn sich die rechtlichen Folgen bei der Ausgabe von Aktien, Optionen und auch virtuellen Beteiligungen an Nicht-Mitarbeitende nicht massiv von denjenigen von Mitarbeiterbeteiligungen unterscheiden, ist darauf hinzuweisen, dass sich der vorliegende Guide auf Mitarbeiterbeteiligungen bezieht.
Sollte ein Start-up Aktien, Optionen oder virtuelle Beteiligungen an Beraterinnen ausgeben, sind die rechtlichen und steuerrechtlichen Folgen daher gesondert zu prüfen.
3. Ausgestaltung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen
3.1. Einleitende Hinweise
Meiner Erfahrung nach setzen Schweizer Start-ups unterschiedliche Formen von Mitarbeiterbeteiligungen ein. Entweder werden bestimmten Mitarbeitenden Aktien direkt zugeteilt (Mitarbeiteraktien), Optionen auf Aktien des Start-ups (ESOP) gewährt oder es wird ein virtuelles Mitarbeiterbeteiligungsprogramm (sog. Phantom Shares, VSOP) implementiert.
Die ersten beiden Varianten sind eigenkapitalbasiert, die dritte hingegen eine rein virtuelle Beteiligung, deren Wert sich in der Regel am Exit-Erlös bestimmter echter Aktien ableitet.
Die drei Formen der Mitarbeiterbeteiligung können wie folgt zusammengefasst werden:
- Mitarbeiteraktien: Mitarbeiteraktien gewähren den Mitarbeitenden eine unmittelbare gesellschaftsrechtliche Beteiligung am Start-up. Die Mitarbeitenden werden demzufolge zu Aktionärinnen und Aktionären des Start-ups mit allen Rechten und Pflichten gemäss dem Schweizer Aktienrecht.
- Mitarbeiteroptionen: Mitarbeiteroptionen gewähren den Mitarbeitenden einen Anspruch auf eine zukünftige Eigenkapitalbeteiligung am Start-up. Folglich erhalten die Mitarbeitenden einen (bloss) vertraglichen Anspruch auf die Zuteilung einer gewissen Anzahl von Aktien am Unternehmen zu einem in der Zukunft liegenden Zeitpunkt.
- Phantom Shares oder virtuelle Beteiligung: Virtuelle Beteiligungen gewähren den Mitarbeitenden einen vertraglichen Anspruch, beim Exit des Unternehmens eine Zahlung zu erhalten, deren Höhe sich grundsätzlich danach richtet, wie viel ein Aktionär im Exit für eine Aktie erhält. Der Anspruch der Mitarbeitenden richtet sich dabei gegen das Unternehmen. Es handelt sich bei einer virtuellen Beteiligung also grundsätzlich «nur» um eine relativ komplex berechnete Bonuszahlung beim Exit. Es ist zu erwähnen, dass vertraglich auch andere Ausgestaltungen bei virtuellen Beteiligungsprogrammen möglich sind.
Die Ausgabe von Mitarbeiterbeteiligungen kostet das Unternehmen in der Regel nichts (in einigen Situationen können jedoch Sozialversicherungsbeiträge fällig werden, hierzu später mehr), verwässert aber die Beteiligung der bestehenden Aktionäre.
Es stellt sich somit die Frage, wie gross ein Mitarbeiterbeteiligungspool (Pool) sein soll bzw. welchen Unternehmensanteil man für die Mitarbeitenden reservieren soll. Als grobe Orientierung kann hier die Empfehlung des amerikanischen Ventura Capital Funds Balderton Capital dienen. Im entsprechenden Guide wird den Gründerteams empfohlen, sich an folgenden Richtwerten zu orientieren. Dabei ist zu beachten, dass in der Regel bei jeder Finanzierungsrunde der Option Pool erweitert wird.
Die obgenannten Richtwerte muss man mit Vorsicht geniessen. Jedes Unternehmen hat seine eigenen Bedürfnisse und Ziele und muss für sich selbst entscheiden, welchen Anteil es den Mitarbeitenden übertragen möchte. In jedem Fall sollte die Grösse des Pools aber regelmässig in Verbindung mit den Einstellungs- und Wachstumsplänen des Start-ups überprüft werden. Hier hilft, dass Pools in der Regel im Zusammenhang mit Finanzierungsrunden angepasst werden und man sich vor Durchführung einer Finanzierungsrunde mit dem beabsichtigten Unternehmenswachstum und der Personalplanung auseinandersetzt.
Neben der Gesamtgrösse des Pools stellt sich immer auch die Frage, welche Mitarbeitenden Beteiligungen erhalten sollen. Vor allem in den USA gibt es Stimmen, die eine möglichst breit gefächerte Beteiligung der Mitarbeitenden propagieren. Andere erachten nur die Beteiligung der wichtigsten Mitarbeitenden als zielführend. Die Frage ist letztlich von jedem Start-up selbst zu entscheiden. Meine Erfahrung zeigt, dass in der Schweiz in der Regel nur Schlüsselpersonen am Unternehmen beteiligt werden. Auf eine Beteiligung sämtlicher Mitarbeitenden wird mehrheitlich verzichtet.
Dabei wird frühen Mitarbeitenden (Founding Employee) in der Regel eine Unternehmensbeteiligung im Umfang von 1-1.5% eingeräumt. Bei späteren Finanzierungsrunden wird diese Beteiligung dann jeweils verwässert, ausser es erfolgt ein Refresher und denjenigen Personen, welche bereits über Mitarbeiterbeteiligungen verfügen, werden zusätzliche Optionen oder Aktien eingeräumt.
Mitarbeiteraktien
Bei Mitarbeiteraktien wird den Mitarbeitenden eine direkte Beteiligung am Eigenkapital des Start-ups eingeräumt. Die entsprechenden Aktien werden in der Regel im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegeben oder von bestehenden Aktionärinnen an Mitarbeitende übertragen. Ein Rückkauf von eigenen Aktien durch das Start-up und eine nachfolgende Ausgabe an Mitarbeitende ist bei Start-ups aus rechtlichen Gründen in der Regel nicht möglich.[1]
Bei der Übertragung von Mitarbeiteraktien ist zu beachten, dass die Mitarbeitenden Aktionäre werden und somit grundsätzlich über die üblichen Aktionärsrechte (Mitwirkungs-, Vermögens- sowie Informations- und Schutzrechte) verfügen. Je mehr Mitarbeitende Aktionäre werden, desto mühsamer kann die Entscheidfindung sein.
Als Grundregel kann festhalten werden: je grösser der Cap Table, desto langsamer der Entscheidungsfindungsprozess auf Stufe der Aktionäre. Besonders störend kann das bei Finanzierungsrunden sein, da hier in der Regel sämtliche bestehenden Aktionäre eine Investitionsvereinbarung zu unterzeichnen haben. Das ist auch der Grund, wieso Mitarbeitende oft nicht nur Partei eines Aktionärbindungsvertrags werden, sondern gleichzeitig auch einer Pooling-Vereinbarung, gemäss welcher eine gemeinsam bestimmte Person bevollmächtigt wird, die Aktionärsrechte im Namen und auf Rechnung der Mitarbeitenden auszuüben. Diese Bevollmächtigung ist in der Praxis üblich, kann aber grundsätzlich von jedem Mitarbeitenden unter Anwendung des Schweizer Rechts jederzeit widerrufen werden.
Letztlich ist darauf hinzuweisen, dass der Aufwand bei der Zuteilung von Mitarbeiteraktien im Vergleich zur blossen Einräumung von Optionen grösser ist. Wenn nämlich neue Aktien ausgegeben werden, ist eine Kapitalerhöhung und damit eine öffentlich beurkundete Statutenänderung notwendig. Es ist also der Beizug eines Notars notwendig.
[1] Art. 659 OR Abs. 1 sieht vor, dass eigene Aktien nur erworbenen werden dürfen, wenn u.a. frei verwendbares Eigenkapital vorhanden ist. Je nach Finanzierungssituation verfügt ein Start-up jedoch oft nicht über solches frei verwendbares Eigenkapital.
Mitarbeiteroptionen (ESOP)
Bei Mitarbeiteroptionen erwerben Mitarbeitende ein Recht (Option) zum Erwerb von Aktien zu einem bestimmten Ausübungspreis während der sog. Ausübungsfrist. Je nach Plan können Optionen unmittelbar ab Zuteilung ausgeübt werden oder erst nach Ablauf einer bestimmten Frist, während welcher die Ausübung der Option verdient werden muss (Vesting-Periode).
Mitarbeiteroptionen haben aus Sicht der bestehenden Aktionäre den Vorteil, dass die Optionsberechtigten erst bei Ausübung der Option zu Aktionären werden. Damit werden die im Zusammenhang mit direkten Beteiligungen beschriebenen Problematiken in die Zukunft verschoben, aber auch nicht zur Gänze gelöst. Spätestens beim Exit wird die Option in der Regel immer ausübbar sein.
Virtuelle Beteiligungsprogramme
Virtuelle Beteiligungsprogramme haben in der Praxis verschiedene Bezeichnungen. Übliche Begriffe sind Phantom Shares, Virtual Shares, Exit/Dividend Participation Rights oder Virtual Stock Option Plan (VSOP).
Dabei handelt es sich im Wesentlichen immer um vertragliche Rechte der Mitarbeitenden auf zukünftige Barzahlungen in Anlehnung an die auf den Aktien der Gesellschaft bezahlten Dividenden oder anderen Parametern. Mit Einräumung virtueller Beteiligungsrechte erwirbt eine begünstigte Person einen Zahlungsanspruch gegen die Gesellschaft, dessen Höhe sich nach bestimmten Parametern bemisst.
Den Begünstigten kommen im Fall von virtuellen Beteiligungsprogrammen keinerlei Aktionärsrechte zu. Der Anspruch basiert nur auf einer vertraglichen Vereinbarung zwischen den Mitarbeitenden und der Gesellschaft. Da sich der Anspruch des Begünstigten in der Regel auf einen Teil des Exit-Erlöses bezieht, werden Personen mit virtuellen Beteiligungen bei künftigen Finanzierungsrunden – wie auch bestehende Aktionäre – aus wirtschaftlicher Sicht verwässert.
Die Ausgabe von virtuellen Beteiligungen ist relativ einfach und flexibel. Weder eine öffentliche Beurkundung noch ein Handelsregistereintrag sind notwendig und die Modalitäten einer virtuellen Beteiligung können grundsätzlich in jedem Fall individuell vereinbart werden.
Dokumentation und wichtige Begriffe
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bestehen in der Regel aus zwei wesentlichen Dokumenten.
- Mitarbeiterbeteiligungsplan: Der Mitarbeiterbeteiligungsplan enthält allgemeine Regelungen zum Programm (wie z.B. die eigentliche Anspruchsberechtigung, allgemeine Vesting- und Verfallsregeln, die Trigger Events und andere allgemeine Bestimmungen, welche für sämtliche Mitarbeiterbeteiligungen gelten). Der Plan schreibt also die Regeln fest, die im Grundsatz für alle Teilnehmer des Programms gelten.
- Allocation Letter: Die eigentliche Zuteilung der Mitarbeiterbeteiligung findet meist in Form eines separaten Vertrags zwischen dem Start-up und den Mitarbeitenden statt. Diese Zuteilung wird normalerweise in einem sog. Allocation Letter vereinbart, in welchem insbesondere die Anzahl der zugeteilten Mitarbeiterbeteiligungen, der Beginn der Vesting Periode und der Ausübungspreis vereinbart werden. Teilweise werden im Allocation Letter auch konkrete persönliche Leistungsziele festgelegt, welche die begünstigte Person als Bedingung für die Zuteilung der Mitarbeteiterbeteiligungen erreichen muss.
Vesting und sog. Cliff
In der Regel enthalten Mitarbeiterbeteiligungsprogramme ein sog. Vesting. Vereinfacht gesagt bedeutet Vesting, dass sich die begünstigte Person die Beteiligung «erarbeiten» muss. Die Vesting-Periode ist der Zeitraum, über den eine begünstigte Person das Recht erwirbt, die gewährten Mitarbeiterbeteiligungen auch wirtschaftlich zu behalten. Bei Mitarbeiteraktien wird oft auch von sog. Reverse-Vesting gesprochen. Der Mechanismus von Reverse-Vesting entspricht im Wesentlichen demjenigen eines Vestings.
Die Vereinbarung einer Vesting-Periode bedeutet, dass die Mitarbeiterbeteiligungen über einen längeren Zeitraum angespart werden müssen. Dadurch verringert sich das Risiko, dass Mitarbeitende das Unternehmen vorzeitig oder aus den falschen Gründen verlassen, aber weiterhin eine dann in ihrer Höhe ungerechtfertigte Beteiligung behalten dürfen.
Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sehen in der Regel auch ein sog. Cliff vor. Ein Cliff bedeutet, dass der Mitarbeitende mindestens für die Dauer des Cliffs im Unternehmen verbleiben muss, damit die erste Tranche der Mitarbeiterbeteiligung «vestet», also angespart und unverfallbar wird.
Die Praxis zeigt, dass Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bei Schweizer Start-ups oft die folgenden Parameter aufweisen:
- Die Vesting-Periode beträgt grundsätzlich 48 Monate, wobei auch kürzere und längere Zeitperioden möglich sind.
- Das Vesting erfolgt in der Regel linear auf monatlicher Basis, manchmal auch quartalsweise.
- Der Cliff beträgt üblicherweise 12 Monate. Ein Cliff von 12 Monaten bedeutet bei einer üblichen Vesting-Periode von 4 Jahren mit linearem Vesting, dass in den ersten 12 Monaten 0% der Beteiligung vestet, mit Ablauf des zwölften Monats sind dann 1/4 der Beteiligungen gevestet und mit jedem darauffolgenden Monat werden bis zum 48. Monat zusätzlich je 1/48 der Beteiligung vesten.
Zu beachten ist, dass Vesting-Perioden üblicherweise unter der Annahme vereinbart werden, dass der Begünstigte während dieser Zeit mit einem 100%-Pensum für das Unternehmen tätig ist. Vor diesem Hintergrund sollte der Plan auch eine Bestimmung vorsehen, welche den Fall regelt, dass eine Mitarbeitende das Unternehmen zwar nicht verlässt, aber ihr Pensum reduziert.
Bei der Festlegung des Cliffs und der Vesting-Periode haben die Start-ups selbstverständlich einen grossen Ermessensspielraum. Es gibt beispielweise Unternehmen, welche in ihren Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen längere Cliffs vorstehen und somit versuchen, die Mitarbeitenden noch länger ans Unternehmen zu binden. In die gleiche Richtung geht das sog. Back-Loaded Vesting. Hier wird vereinbart, dass der Grossteil der Beteiligungen erst gegen Ende der Vesting Periode vesten. Man könnte beispielsweise vereinbaren, dass nach dem ersten Jahr nur 10% der Beteiligungen vesten, weitere 20% nach dem zweiten Jahr und der Grossteil der Beteiligungen erst nach dem dritten oder vierten Jahr.
Möglich ist auch ein leistungsbasiertes Vesting. In diesem Fall vesten die Mitarbeiterbeteiligungen, wenn bestimmte Umsatz-, Wachstums- oder andere Ziele erreicht werden.
Accelerated Vesting
Im Mitarbeiterbeteiligungsplan wird in der Regel auch die Frage beantwortet, ob und unter welchen Umständen ein Vesting beschleunigt werden kann (Accelerated Vesting).
Das Accelerated Vesting versetzt begünstigte Mitarbeitende in die Position, dass auch ungevestete Beteiligungen (oder zumindest ein Teil davon) beim Eintritt bestimmter Ereignisse vorzeitig, also beschleunigt, als gevestet gelten. Besonders wichtig ist diese Frage, wenn es während der Vesting-Periode zu einem Exit, also einem Verkauf oder einem Börsengang des Unternehmens kommt.
Ereignisse, welche zu einem Accelerated Vesting führen werden als Trigger Events bezeichnet. Dabei wird zwischen Single Trigger und Double Trigger Acceleration unterschieden.
- Single Trigger Acceleration: Regelungen, nach denen allein der Eintritt eines Exit-Events für das Accelerated Vesting genügt, werden als “Single Trigger Acceleration” bezeichnet, da für das beschleunigte Vesting nur ein einziger Trigger (der Exit) erforderlich ist.
- Double Trigger Acceleration: Bei Double Trigger Acceleration wird vereinbart, dass bei Eintritt eines Exits (Trigger Nummer 1) sämtliche Anteile vesten, wenn dem entsprechenden Mitarbeitenden innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Exit ohne wichtigen Grund gekündigt wird (Trigger Nummer 2). Als massgeblicher Zeitraum werden hier üblicherweise 12–24 Monate vorgesehen.
Der Double Trigger Acceleration wird damit begründet, dass ein Single Trigger Accelerated Vesting die Bewertung des Unternehmens negativ beeinflussen kann.
Zunächst schmälert das volle Vesting aller Beteiligungen den an die Aktionäre zufliessenden Erlös, da ein Käufer derartige Verbindlichkeiten in seine Kaufpreisberechnung einbeziehen wird (sofern das Start-up die wirtschaftliche Last des Programms selbst tragen muss). Zudem ist es für einen Käufer ein Risiko, wenn bestimmte Mitarbeitende beim Exit «Kasse machen» und möglicherweise nicht mehr für das Unternehmen tätig sind. Sind doch die Mitarbeitenden einer der relevantesten Werttreiber einer Akquisition. Entsprechend werden Double Trigger Acceleration-Regelungen insbesondere von Investoren bevorzugt.
Leaver-Regelungen
Bei den Leaver-Regelungen geht es um die Frage, was geschieht, wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird. Oft wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht nur festgelegt, dass das Vesting endet, sondern es werden je nach den Umständen eines solchen Ausscheidens weitere Konsequenzen für den Mitarbeitenden festgelegt. Je nach Umstand des Ausscheidens kann der Mitarbeitende daher mehr oder weniger seiner (gevesteten) Beteiligungen behalten.
Alle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme sind dahingehend identisch, dass bei Eintritt eines Leaver Events alle noch nicht gevesteten Beteiligungen verfallen. Es bleibt die Frage, was mit den Beteiligungen passiert, welche bereits gevestet sind.
In der Regel wird zur Beantwortung dieser Frage zwischen Good Leaver und Bad Leaver unterschieden. Good Leaver dürfen ihre bereits gevesteten Beteiligungen behalten, während ein Bad Leaver auch die gevesteten Anteile verliert. Meistens bezieht sich der Verlust auf sämtliche von dieser Person gehaltenen Beteiligungen. Möglich ist aber auch, dass ein Bad Leaver “nur” einen Teil der bereits gevesteten Beteiligungen verliert.
- Good Leaver: Ein Good Leaver-Event liegt in der Regel dann vor, wenn der Begünstigte verstirbt oder dauerhaft arbeitsunfähig wird, dem Begünstigten durch das Unternehmen ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes gekündigt wird oder er das Start-up aus einem Grund verlässt, welchen das Mitarbeiterbeteiligungs-programm als guten Grund bezeichnet (z.B. Erreichung des Rentenalters).
- Bad Leaver: Ein Bad Leaver-Event liegt demgegenüber vor, wenn das Unternehmen dem Begünstigten aus wichtigem Grund kündigen muss, er interne Vorschriften des Unternehmens oder arbeitsvertragliche Vereinbarungen verletzt und in der Folge das Arbeitsverhältnis beendet wird.
Die in der Praxis am häufigsten diskutierte Frage ist, ob Mitarbeitende, die das Start-up freiwillig verlassen (weil die Mitarbeitenden z.B. andere Lebenspläne haben), als Bad Leaver gelten und damit anders behandelt werden sollten als solche, denen ohne wichtigen Grund gekündigt wurde. Es gibt verschiedene Argumente für und gegen eine Qualifikation als Bad Leaver. Als Zwischenlösung ist auch die Vereinbarung einer sog. Grey Leaver-Regelung möglich. Solche Regelungen ermöglichen es Mitarbeitenden, im Falle eines freiwilligen Ausscheidens zumindest einen Teil der bereits gevesteten Anteile zu behalten.
Ausübungspreis (Strike Price)
Im Allocation Letter wird immer auch der Ausübungspreis festgelegt. Dieser Ausübungspreis bezeichnet den Geldbetrag, den Personen, welche Mitarbeiteroptionen halten, bezahlen müssen, um eine Option auszuüben und dafür eine Aktie des Unternehmens erhalten. Bei Mitarbeiteraktien entspricht der Ausübungspreis grundsätzlich der Gegenleistung für die Übertragung einer Aktie.
Ob die begünstigte Person im Einzelfall einen Ausübungspreis in bar zu bezahlen hat, hängt vom jeweiligen Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ab. Möglich ist auch die Bezahlung des Ausübungspreises mittels Verrechnung einer Lohnforderung des begünstigten Mitarbeiters oder die unentgeltliche Abgabe einer selbst gehaltenen Aktie durch das Unternehmen.
Bei virtuellen Beteiligungsprogrammen wird zudem grundsätzlich nie eine Barzahlung vereinbart. Der Begünstigte erhält bei virtuellen Beteiligungsprogrammen im Falle eines Exits oder Liquidity Events “nur” eine Zahlung, die sich aus dem Betrag ableitet, den ein Aktionär für eine Aktie am Unternehmen erhält, abzüglich des für den jeweiligen virtuellen Anteil festgelegten Ausübungspreises. Entsprechend wird einfach der Auszahlungsbetrag um den Ausübungspreis gekürzt.
Bei der Festlegung des Ausübungspreises hat das Unternehmen einen grossen Ermessensspielraum. Häufig ist die Vereinbarung, wonach der Ausübungspreis dem Nennwert der Anteile entspricht. Nach der Seed-Phase sieht man teilweise Start-ups, die ihren Ausübungspreis auf einen bestimmten Prozentsatz der Pre-Money-Bewertung der letzten Finanzierungsrunde festlegen, teilweise verbunden mit Bewertungserhöhungen. Die Festlegung des Ausübungspreises hat grosse Auswirkungen auf die Steuerfolgen von Mitarbeiterbeteiligungen. Hierzu später mehr.
Vorzeitige Ablösung von Optionen
Je nach Ausgestaltung des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms und der Leaver-Regelungen ist die Situation bei Austritt unterschiedlich. Bei gewissen Mitarbeiterbeteiligungsplänen haben die Mitarbeitenden bei einem Austritt ein begrenztes Zeitfenster, um zu entscheiden, ob sie gevestete Optionen ausüben wollen oder nicht.
Bei anderen Plänen können gevestete Optionen bis zu einem Exit gehalten werden. Dies ermöglicht es den Begünstigten grundsätzlich, ein Portfolio von Optionen aufzubauen, indem sie etwa alle zwei Jahre die Arbeitsstelle wechseln und hoffen, dass sich der Wert der Optionen erhöht. Auf diese Weise können sie sich ein Portfolio von Optionen verschiedener Arbeitgeber sichern.
Um dies zu verhindern, erlauben es einige Unternehmen den ausgeschiedenen Mitarbeitenden zwar, gevestete Optionen zu behalten, versuchen aber das mögliche Upside zu begrenzen. Dies kann damit bewerkstelligt werden, dass man dem Unternehmen gestattet, bereits gevestete Optionen innerhalb eines bestimmten Zeitraums nach dem Eintritt eines Leaver Events oder auch ohne zeitliche Begrenzung zu einem bestimmten Preis abzulösen bzw. den Begünstigten auszuzahlen.
Einführung von Mitarbeiterbeteiligungsprogrammen
Die Einführung von Mitarbeiterbeteiligungen setzt – infolge der mit der Ausgabe von Aktien oder virtuellen Beteiligungen zusammenhängenden Verwässerung – grundsätzlich die Zustimmung der Aktionäre voraus. Ich empfehle daher, das Thema der Mitarbeiterbeteiligung und insbesondere die Grösse des Pools im Aktionärbindungsvertrag zu vereinbaren.
Mit einer derartigen vertraglichen Vereinbarung entstehen bei der Ausgabe der Aktien bzw. der Schaffung der statutarischen Grundlagen (bedingte oder genehmigte Kapitalerhöhung) keine Diskussionen und es sind immer alle Aktionäre jederzeit über den Mitarbeiterbeteiligungspool im Bilde.
Kein Mitspracherecht sollten die Aktionäre jedoch bei der individuellen Zuteilung der Beteiligungen und den Bedingungen des Beteiligungsprogramms haben. Hier ist grundsätzlich der Verwaltungsrat zuständig. Vorbehalten bleiben selbstverständlich anderslautende Regelungen im Aktionärbindungsvertrag.
Steuerliche Hinweise
Mitarbeiteraktien
Besteuerungszeitpunkt
Mitarbeiteraktien gelten steuerlich als echte Mitarbeiterbeteiligungen und werden bei Mitarbeitenden mit Wohnsitz in der Schweiz im Zeitpunkt der Zuteilung besteuert. Als Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit steuerbar ist die Differenz zwischen dem Verkehrswert (oder dem Formelwert) und dem Erwerbspreis. Diese Differenz unterliegt auch den Sozialversicherungsabgaben, welche von der Arbeitgeberin geschuldet sind.
Vertragliche Vereinbarungen, welche das Start-up verpflichten, die Mitarbeiteraktien in einem späteren Zeitpunkt abzugeben, stellen blosse Anwartschaften dar, d.h. der Abschluss solcher Vereinbarungen führt nicht zu einer Besteuerung. Besteuert werden die Mitarbeitenden erst bei der effektiven Zuteilung der Mitarbeiteraktien.
Unterliegen die Mitarbeiteraktien einer befristeten Verfügungssperre (Sperrfrist), während welcher der Mitarbeitende die betreffenden Mitarbeiterbeteiligungen weder ausüben, veräussern, verpfänden noch anderweitig belasten dürfen, wird der Verkehrswert für die Berechnung des steuerbaren Einkommens um 6 Prozent pro Sperrjahr diskontiert. Der Diskont gilt längstens für 10 Jahre (auch wenn die Sperrfrist länger ist). Es gilt folgende Diskontierungstabelle:
Sperrfrist länger ist). Es gilt folgende Diskontierungstabelle:
Steuerfolgen beim Halten von Mitarbeiteraktien
Schüttet das Start-up Dividenden aus, unterliegen diese im Zeitpunkt des Zuflusses der Besteuerung als Vermögensertrag. Sozialversicherungsabgaben sind nicht geschuldet. Weiter unterliegen Mitarbeiteraktien der Vermögenssteuer und ab Zeitpunkt des Erwerbs muss der Vermögenssteuerwert der Aktien jeweils per Jahresende ermittelt werden.
Grundsätzlich werden die in KS SKK 28 empfohlenen Methoden (Wert nach der Praktikermethode oder Substanzwert bei Start-ups) angewendet.
Um unterschiedliche Werte für die Vermögens- und Einkommenssteuer zu vermeiden, kann für die Vermögenssteuer bei Mitarbeiteraktien in der Regel auf den mit der kantonalen Steuerverwaltung vereinbarten Formelwert abgestellt werden. Zum Formelwert später mehr.
Steuerfolgen bei der Veräusserung
Bei der Veräusserung hängen die Steuerfolgen davon ab, ob die Aktien zum Verkehrswert oder zu einem Formelwert abgegeben wurden;
- Zuteilung zum Verkehrswert: Falls die Zuteilung zum Verkehrswert erfolgt, erzielt der Mitarbeitende bei der Veräusserung grundsätzlich einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn. Vorzeitige Steuerfolgen können sich allenfalls bei einem allfälligen vorzeitigen Wegfall der Veräusserungs-sperrfrist ergeben. Fällt die Veräusserungssperrfrist infolge Veräusserung vorzeitig dahin, hat der Mitarbeitende die Differenz zwischen dem nicht diskontierten Verkehrswert der Aktie im Zeitpunkt des Wegfalls der Sperrfrist und dem entsprechend der verbleibenden Restsperrfrist diskontierten Wert als Einkommen zu versteuern.
- Zuteilung zum Formelwert: Falls bei der Zuteilung ein Formelwert angewendet wurde, was bei Start-ups der Regelfall sein sollte, erzielt der Mitarbeitende bei der Veräusserung oder Rückgabe an den Arbeitgeber lediglich im Umfang der Wertsteigerung bei Anwendung des Formelwerts einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn (sog. Formelkongruenz). Die Differenz zwischen dem Erlös und dem Formelwert im Verkaufszeitpunkt stellt steuerbares Erwerbseinkommen dar. Erst nach Ablauf einer Fünfjahresfrist nach der Zuteilung ist der Kapitalgewinn grundsätzlich vollständig steuerfrei, auch wenn der Veräusserungspreis über dem Formelwert liegt.
Besteuerungszeitpunkt
Die blosse Zuteilung von Mitarbeiteroptionen unterliegt nicht der Einkommenssteuer und auch der Ablauf der Vesting-Periode führt noch nicht zu einer Besteuerung auf Stufe des Mitarbeitenden. Mitarbeiteroptionen werden bei Mitarbeitenden mit Wohnsitz in der Schweiz erst bei Ausübung der Option (und somit bei der Zuteilung der Aktien) besteuert.
Bei der Optionsausübung unterliegt die Differenz zwischen dem Verkehrswert (oder Formelwert) der Aktien und dem Ausübungspreis der Einkommenssteuer. Diese Differenz bildet Einkommen und unterliegt den Sozialversicherungsabgaben.
Steuerfolgen beim Halten von Mitarbeiteroptionen
Bis zur Ausübung der Optionen erhalten die Mitarbeitenden keine Dividendenerträge und es treten während dem Halten von Mitarbeiteroptionen keine Einkommens-steuerfolgen ein. Ist die Option ausgeübt, erhalten die Mitarbeitenden Aktien und allfällige Dividendenerträge unterliegen der Einkommenssteuer.
Mitarbeiteroptionen unterliegen nicht der Vermögenssteuer, da sie als blosse Anwartschaften behandelt werden. Ab der Zuteilung der Mitarbeiteroptionen sind diese jedoch „pro memoria“ im Wertschriften- und Guthabenverzeichnis der Steuererklärung zu deklarieren. Mit Ausübung der Optionen werden die Mitarbeitenden Aktionäre und es gelten die für Mitarbeiteraktien ausgeführten Grundsätze.
Steuerfolgen beim Exit
Mitarbeitende können die Mitarbeiteroptionen in der Regel nicht verkaufen. Sollte der Verkauf trotzdem zulässig sein, würde ein Verkaufserlös grundsätzlich der Einkommenssteuer unterliegen (Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit).
Nach der Ausübung der Optionen erhalten die Mitarbeitenden Aktien. Beim Exit treten daher dieselben Steuerfolgen wie beim Verkauf von Mitarbeiteraktien an: Ein allfälliger Gewinn aus dem Verkauf der Aktien aus dem Privatvermögen stellt grundsätzlich einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn dar. Vorbehalten bleibt die Anwendung eines Formelwerts.
Virtuelle Beteiligungsprogramme
Besteuerungszeitpunkt
Bei virtuellen Beteiligungsprogrammen erwerben die Mitarbeitenden keine Beteiligungsrechte an der Gesellschaft, sondern ein Recht auf künftige Barzahlungen. Es handelt sich dabei um sog. unechte Mitarbeiterbeteiligungen.
Die Zuteilung von unechten Mitarbeiterbeteiligungen löst keine Steuerfolgen aus. Die Besteuerung erfolgt erst im Zeitpunkt des Zuflusses der Geldleistung. Entsprechend besteht auch keine Bewertungsproblematik, da virtuelle Beteiligungsprogramme in der Regel eine Geldleistung in Aussicht stellen.
Steuerfolgen des Haltens
Sofern bei virtuellen Beteiligungsprogrammen eine virtuelle Dividende vorgesehen ist, erfolgt die Besteuerung im Zeitpunkt des Zuflusses. Die von der Gesellschaft gestützt auf die vertragliche Vereinbarung bezahlte «Dividende» wird wie ein arbeitsvertraglicher Bonus als Erwerbseinkommen (nicht Dividendenertrag) qualifiziert. Sie unterliegt daher der Einkommenssteuer und den Sozialversicherungsabgaben.
Der Vermögenssteuer unterliegen unechte Mitarbeiterbeteiligungen grundsätzlich nicht. Sie stellen blosse Anwartschaften auf Geldleistungen dar und sind keine definitiv erworbenen Vermögenswerte.
Steuerfolgen des Exits
Da unechte Mitarbeiterbeteiligungen nur dann zu Steuerfolgen führen, wenn ein effektiver Zufluss eines geldwerten Vorteils erfolgt, führt ein Exit nur dann zu Steuerfolgen, wenn die Mitarbeitenden eine Geldleistung erhalten. Diesfalls unterliegt die gesamte Geldleistung der Einkommenssteuer (Einkommen aus unselbständiger Erwerbstätigkeit) und ist Gegenstand der Sozialversicherungsabgab
Bestimmung des Verkehrswerts
Für die Einkommenssteuer
Einkommensbesteuerung und Sozialversicherungsabgaben bemessen sich aus der Differenz zwischen Verkehrswert und dem Abgabepreis im Zeitpunkt des Erwerbs.
Der Begriff Verkehrswert entspricht in diesem Zusammenhang dem aufgrund einer massgeblichen Dritttransaktion ermittelten Wert.
Der im Rahmen einer Finanzierungsrunde von Investoren bezahlte Preis kann in der Regel nicht als Verkehrswert angesehen werden. Die Bewertung anlässlich einer Finanzierungsrunde ist üblicherweise höher als derjenige Preis, den ein Investor einem anderen Aktionär für die Übernahme von dessen Anteilen zu zahlen bereit wäre. Zu beachten ist jedoch, dass sofern bei einer Finanzierungsrunde bestehende Aktionäre Aktien an Investoren verkaufen (also keine neuen Aktien ausgegeben werden), der entsprechende Preis möglicherweise als «massgebliche Dritttransaktion» und folglich als Verkehrswert angesehen werden kann.
Kann der Verkehrswert nicht aus einer massgeblichen Dritttransaktion bestimmt werden, was bei Start-ups in der Regel der Fall ist, ist der Verkehrswert nach einer für das betreffende Unternehmen tauglichen und anerkannten Bewertungsmethode formelmässig zu ermitteln (Formelwert).
Der Formelwert kann in Anwendung des Kreisschreibens Nr. 28 der Schweizerischen Steuerkonferenz vom 28. August 2008 (Wegleitung zur Bewertung von Wertpapieren ohne Kurswert für die Vermögenssteuer) (SSK-KS 28) ermittelt werden. Die in dieser Wegleitung beschriebenen Regeln sind gemäss Steuerbehörden eine taugliche und anerkannte Methode.
Es sind auch andere Bewertungsmethoden möglich. Dabei besteht auf Seiten des Unternehmens ein relativ grosser Ermessensspielraum. In den meisten Kantonen ist jedoch eine Bewertungsmethode, welche auf eine Zukunftsprognose abstellt, keine taugliche Methode.
Wird kein oder kein tauglicher Formelwert festgelegt, stellen die Steuerbehörden in der Regel von Amtes wegen auf die Praktikermethode nach SSK-KS 28 ab. Als Mindestwert gilt jeweils der Substanzwert. Ist der Substanzwert tiefer als das nominelle Aktienkapital, gilt der Nennwert als Mindestunternehmenswert.
Die einmal gewählte Berechnungsmethode muss für den entsprechen Beteiligungsplan beibehalten werden (Formelkongruenz).
Es kann zudem grundsätzlich auch dann auf einen Formelwert abgestellt werden, wenn ein effektiver Verkehrswert vorliegt. Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitgeber (oder ein anderer Aktionär) ein unbeschränktes Kaufrecht hat, die Aktien zum identisch berechneten Formelwert zurückzukaufen.
Gesperrte Mitarbeiteraktien werden im Zeitpunkt des Rechtserwerbs besteuert. Dem Minderwert für die Sperrfrist wird mit einem Einschlag von 6% pro Sperrjahr auf dem Verkehrswert bzw. Formelwert Rechnung getragen. Bei einer unbefristeten Rückgabepflicht wird eine 10-jährige Sperrfrist angewendet.
Für die Vermögenssteuer
Mitarbeiteraktien unterliegen der kantonalen Vermögenssteuer. Die Bewertung erfolgt grundsätzlich nach dem Verkehrswert. Bei Beteiligungen an nicht börsenkotierten Start-ups wird der Verkehrswert grundsätzlich nach SSK-KS 28 ermittelt, d.h. die Unternehmensbewertung erfolgt nach der Praktikermethode (gewichteter Durchschnitt von Ertrags- und Substanzwert), es sei denn es liege eine massgebende Handänderung vor.
Bei Start-ups gelten in der Regel folgende Grundsätze, welche jedoch mit den jeweils zuständigen kantonalen Behörden abzuklären sind:
- Bis zum Vorliegen von repräsentativen Geschäftsergebnissen entspricht der Vermögenssteuerwert von Anteilen an Start-ups dem Substanzwert.
- Auf einen von Investoren in Finanzierungsrunden bezahlten Preis wird nur abgestellt, wenn dieser nach Abschluss der Aufbauphase (bzw. bei Vorliegen repräsentativer Geschäftsergebnisse) bezahlt wird.
Wird bei der Einkommenssteuer ein Formelwert festgelegt, kann dieser nach Rücksprache mit den kantonalen Steuerbehörden auch als Vermögenssteuerwert beigezogen werden.
Steuerliche Pflichten des Start-ups
Implementiert ein Start-up ein Beteiligungsprogramm hat es bei der Ausstellung des jährlichen Lohnausweises verschiedene Pflichten:
- Ist die Einräumung der Mitarbeiterbeteiligung steuerbar, ist das Start-up zunächst verpflichtet, die entsprechenden Lohnbestandteile im Lohnausweise zu bescheinigen.
- Dem Lohnausweis ist zudem ein Beiblatt beizufügen, welches die gemäss Mitarbeiterbeteiligungsverordnung erforderlichen Informationen enthält. Mit dem Beiblatt soll die bescheinigte Lohnkomponente detaillierter und standardisiert erläutert werden.
- Der Lohnausweis hat schliesslich einen Hinweis auf den durch die Steuerbehörden allenfalls genehmigten Formelwert (Steuerruling) und/oder die Klarstellung, dass aus einem Mitarbeiterbeteiligungsplan gegebenenfalls (noch) kein steuerbares Einkommen erzielt wurde, zu enthalten.
Ist die Mitarbeiterbeteiligung auf Stufe des Mitarbeitenden steuerbar, darf das Start-up nicht vergessen, die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge und allfällige Quellensteuern abzuführen und diese Zahlungspflichten auch bei der (Liquiditäts-) Planung zu berücksichtigen.
Ausländische Mitarbeitende
Es ist in der Praxis nicht unüblich, dass Schweizer Start-ups Talente im Ausland anwerben und mit ihnen Arbeitsverträge abschliessen oder die Dienstleistungen eines Employer of Records in Anspruch nehmen. Solchen ausländischen Mitarbeitenden werden teilweise auch Mitarbeiterbeteiligungen eingeräumt. Um die steuerlichen Auswirkungen der Einräumung von Mitarbeiterbeteiligungen an Personen mit Wohnsitz im Ausland zu verstehen, ist dringend zu empfehlen, eine Steuerberatung im jeweiligen Ansässigkeitsstaat des Mitarbeitenden in Anspruch zu nehmen. Da die Besteuerung dieser Mitarbeitenden grundsätzlich im Ausland erfolgt, können die nach Schweizer Recht dargestellten Grundsätze nicht vollständig übernommen werden.
Mitarbeiterbeteiligungen bei Finanzierungen
Bei Finanzierungsrunden haben Mitarbeiterbeteiligungsprogramme grosse Bedeutung, da die Grösse des Mitarbeiterbeteiligungspools und Vereinbarungen über eine allfällige Vergrösserung des Pools einen Einfluss auf die Bewertung eines Unternehmensanteils haben.
Dies aus folgendem Grund:
Die Pre-Money-Bewertung des Start-ups ist die Unternehmensbewertung, auf die sich die bestehenden Aktionäre und die neuen Investoren vor der neuen Finanzierungsrunde einigen, d.h. sie stellt die Unternehmensbewertung vor der Investition der neuen Investoren dar. Dieser Betrag wird dann durch die voll verwässerte Anzahl der Unternehmensanteile geteilt, um so den Preis pro Anteil zu ermitteln. Diesen Preis bezahlt sodann der Investor für einen Anteil.
«Voll verwässert» bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Pre-Money Bewertung durch die Summe (i) der bereits ausgegebenen Aktien, (ii) von Aktien, welche infolge Umwandlung von Wandeldarlehen ausgegeben werden und (iii) derjenigen Aktien, die gestützt auf ein Mitarbeiterbeteiligungsprogramm ausgegeben werden, geteilt wird.
Für Gründerteams ist nun zentral, ob ein allfälliges Mitarbeiterbeteiligungsprogramm bereits bei der Pre-Money-Bewertung berücksichtigt wird (und damit nur ihren Anteil verwässert) oder ob das Mitarbeiterbeteiligungsprogramm bzw. dessen Erhöhung die Pre-Money-Bewertung nicht beeinflusst und somit später das Gründerteam und die Investoren verwässert. Bei der Beurteilung von Term Sheets ist diesem Punkt besondere Aufmerksamkeit zu schenken.
Verlangen Investoren, dass vor ihrem Investment eine Aufstockung/Erhöhung des Mitarbeiterbeteiligungspools stattfindet, hat dies zur Folge, dass sich die Anzahl der zu berücksichtigenden Anteile erhöht und somit der Preis pro Unternehmensanteil sinkt.
Kurz: Es werden nur die bestehenden Aktionäre bzw. das Gründerteam und nicht die neuen Investoren verwässert.
Mitarbeiterbeteiligungen beim Exit
Das jeweilige Mitarbeiterbeteiligungsprogramm hat auch bei einem Exit aus mehreren Gründen eine grosse Bedeutung.
Zunächst sind die finanziellen Verbindlichkeiten aus einem bestehenden Mitarbeiterbeteiligungsprogramm für die Bewertung des Start-ups relevant. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein virtuelles Beteiligungsprogramm vereinbart wurde und die Begünstigten im Falle des Verkaufs einen Barfindungsanspruch gegen das Start-up geltend machen können.
Weiter wird der Käufer wissen wollen, wie hoch die an die Mitarbeitenden zu zahlende Entschädigung ist. Diese Zahl kann für den Käufer relevant sein, um eine geeignete Strategie zu entwickeln, mit der er auf diese Mitarbeitenden zugehen kann, um sie über die Transaktion hinaus an das Unternehmen zu binden und weiter zu motivieren.
Hier können Mitarbeiterbeteiligungsprogramme mit einer Single Trigger Acceleration-Klausel durchaus negative Folgen haben. Bei solchen Bestimmungen besteht nämlich das Risiko, dass der Käufer für die Mitarbeitenden neue Kompensationspakete schnüren muss, um sie zum Verbleib im Unternehmen zu motivieren, was letztlich Einfluss auf den Kaufpreis hat.
Schlussbemerkungen
Start-ups haben verschiedene Möglichkeiten, ihre Mitarbeitenden am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen. Die verschiedenen Arten von Mitarbeiterbeteiligungen haben dabei aus unternehmerischer und (steuer-) rechtlicher Sicht unterschiedliche Vor- und Nachteile.
Je nachdem, welche Ergebnisse das Unternehmen mit den Beteiligungen erzielen möchte, drängt sich die eine oder andere Form der Beteiligung auf. Wenn Mitarbeitende beispielsweise kein unternehmerisches Risiko eingehen wollen und nur dann Steuern zahlen sollen, wenn sie effektiv Barmittel erhalten, bieten sich virtuelle Beteiligungsprogramme oder Optionen mit Ausübung im Exit-Fall auf. Diesfalls haben die Mitarbeitenden aber auch keine Möglichkeit auf einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn. Wenn die Mitarbeitenden dagegen im Erwerbszeitpunkt bereit sind, die Steuerfolgen zu tragen, übernehmen sie zwar das Verlustrisiko, profitieren aber von der Möglichkeit, einen steuerfreien privaten Kapitalgewinn zu erzielen.