Bis Ende 2022 waren Generalversammlungen grundsätzlich Präsenzversammlungen. Mit dem ab Anfang 2023 geltenden Aktienrecht ändert sich dies.
Neu sieht Art. 701 Abs. 3 OR vor, dass Generalversammlungen (ohne Einhaltung der üblichen Einberufungsvorschriften) schriftlich auf Papier oder in elektronischer Form durchgeführt werden können, sofern kein Aktionär eine mündliche Beratung verlangt.
Für kleinere Gesellschaften stellt die Möglichkeit einer schriftlichen Beschlussfassung eine grosse Erleichterung dar, insbesondere wenn sie Aktionäre mit Wohnsitz im Ausland haben.
- Über unbestrittene Traktanden können Aktionäre neu auf dem (elektronischen) Zirkularweg abstimmen. Eine Präsenzversammlung oder eine Vollmachtserteilung ist nicht mehr erforderlich.
- Zirkularbeschlüsse sind selbst bei beurkundungspflichtigen Geschäften zulässig. In diesen Fällen wird im Anschluss an die schriftliche Beschlussfassung ein öffentlich beurkundeter Erwahrungsbeschluss ausgefertigt, der als Handelsregisterbeleg dient.
- Möchte ein Aktionär ein bestimmtes Traktandum mündlich erörtert haben, steht ihm jederzeit das Recht zu, eine mündliche Beratung zu verlangen. Die Aktionärsrechte bleiben somit vollumfänglich gewahrt.
- Eine schriftliche Beschlussfassung ist nicht nur mittels Zirkularbeschlüssen möglich, bei welchen das antizipierte Ergebnis mit einem vorgefertigten Beschluss «in die Runde» gegeben wird, sondern auch durch eine Urabstimmung. Hier erhält jeder Aktionär ein separates Abstimmungsformular, auf welchem er durch Setzen eines Kreuzchens seine Stimme abgibt.
Welche Effizienzgewinne die schriftliche Stimmabgabe bringt, zeigt eine kürzlich beurkundete Statutenänderung einer Schweizer Aktiengesellschaft:
Nachdem sämtliche (weltweit verstreuten) Aktionäre einstimmig und unter Verzicht einer mündlichen Beratung über vier Statutenänderungen schriftlich Beschluss gefasst haben, fasste der in der Schweiz ansässige Verwaltungsrat einen öffentlich beurkundeten Erwahrungsbeschluss, in welchem die Abstimmungsergebnisse festgehalten wurden. Der Erwahrungsbeschluss diente als Handelsregisterbeleg.
Es waren keine Vollmachten und keine Präsenzversammlung notwendig.