Am 14. Dezember 2023 (veröffentlicht am 27. Dezember 2023) hat das Bundesgericht erneut einen bedeutsamen Entscheid zur indirekten Teilliquidation gefällt (9C_665/2022 14.12.2023). Dieser Entscheid bringt neue Erkenntnisse über die Pflichten und Risiken für Verkäufer von Unternehmensaktien, die im Privatvermögen gehalten werden.
1. Worum ging es?
Zwei Personen verkauften alle Unternehmensaktien, die sie in ihrem Privatvermögen hielten, an eine Akquisitionsgesellschaft. Innerhalb von fünf Jahren fusionierte diese Akquisitionsgesellschaft mit der Zielgesellschaft. Die zentrale Frage war die Mitwirkung der Verkäufer nach Artikel 20a Absatz 1 Buchstabe a des Schweizerischen Direkten Bundessteuerrechts (DBG), wo-bei alle anderen Voraussetzungen für eine indirekte Teilliquidation unstrittig waren.
2. Der Entscheid im Detail
- Wissens- und Willenselement
Das Gericht bestätigte, dass eine Mitwirkung der Verkäufer grundsätzlich angenommen wird, wenn diese wussten oder hätten wissen müssen, dass der Zielgesellschaft zur Finanzierung des Kaufpreises Mittel entzogen werden, die nicht ersetzt werden. - Bonitätsprüfungspflicht des Verkäufers
Verkäufer sind verpflichtet zu prüfen, ob die erwerbende Gesellschaft den Kaufpreis ohne die Nutzung der Mittel der Zielgesellschaft finanzieren kann. Das bedeutet, eine gründliche Überprüfung vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die erwerbende Gesellschaft über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. - Vertragliche Schutzklauseln genügen nicht
Übliche Bestimmungen in Aktienkaufverträgen, die der erwerbenden Gesellschaft den Mittelentzug von der Zielgesellschaft untersagen, reichen in der Regel nicht aus. Notwendig ist eine plausible und nachvollziehbare Darstellung der Finanzierungsfähigkeit der erwerbenden Gesellschaft ohne die Mittel der Zielgesellschaft. - Übermässige Thesaurierung
- Auch bei finanziell starken Käufergesellschaften kann eine (passive) Mitwirkung vorliegen, ins-besondere wenn die Zielgesellschaft unverhältnismässig hohe, nicht betriebsnotwendige Reserven hält. Es ist daher Vorsicht geboten, wenn es zu einer übermässigen Thesaurierung von Gewinnen kommt.
3. Fazit
In Fällen, in denen die Zielgesellschaft grosse, nicht-betriebsnotwendige Substanz besitzt, wird es für die Verkäufer schwierig, das subjektive Element der Mitwirkung bei den Voraussetzungen der indirekten Teilliquidation nach Artikel 20a Absatz 1 DBG zu entkräften. Verkäufer müssen sorgfältig prüfen und eine umfassende Due Diligence durchführen, um die Auswirkungen der indirekten Teilliquidation zu vermeiden. Dieser Entscheid unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Finanzplanung und klaren Dokumentation beim Verkauf von Unternehmensaktien, um die Einhaltung der Steuervorschriften zu gewährleisten und Risiken zu minimieren.