Allgemeines
Die Finanzierung von Startups erfolgt entweder durch Fremdkapital (dauerhaft über Venture Debt oder kurz- und mittelfristig über Wandeldarlehen) oder – was häufiger der Fall ist – durch Eigenkapital. Bei der Beschaffung von Eigenkapital (nicht aber bei einer Finanzierung über Fremdkapital) ist aus steuerlicher Sicht insbesondere die Emissionsabgabe zu berücksichtigen. Diese wird – mit gewissen Ausnahmen, auf welche nachfolgend einzugehen ist - bei sämtlichen Eigenkapitalbeschaffungsvorgängen von Schweizer Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung erhoben.
Gegenstand der Emissionsabgabe ist die entgeltliche oder unentgeltliche Begründung und Erhöhung des Nennwerts von Beteiligungsrechten in Form von Aktien inländischer Aktiengesellschaften, Stammanteilen inländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung und Partizipationsscheinen solcher inländischen Gesellschaften.
Auch Gegenstand der Emissionsabgabe sind Zuschüsse, die von einem Gesellschafter oder Aktionär ohne entsprechende Gegenleistung erbracht wurden und ohne, dass das Aktien- oder Gesellschaftskapital erhöht wird. Unerheblich ist, ob der Zuschuss in bar, als Gutschrift oder Verrechnung, als Sacheinlage oder Forderungsverzicht erfolgt.
Im Nachfolgenden wird auf die bei Startups häufig anzutreffenden Eigenkapitalfinanzierungen eingegangen.
I. Eigenkapitalfinanzierungen
A. Ordentliche Kapitalerhöhung durch Barliberierungen
1. Bemessungsgrundlage
Bei Finanzierungsrunden von Schweizer Startups wird in der Regel das im Handelsregister eingetragene Kapital erhöht und den Investor*innen werden neue Aktien oder Stammanteile zugeteilt. Es erfolgt also eine entgeltliche Begründung von Beteiligungsrechten nach Art. 5 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die Stempelabgaben (StG).
In solchen Fällen wird die Emissionsabgabe von 1% grundsätzlich auf demjenigen Betrag erhoben, welcher der Gesellschaft als Gegenleistung für die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens aber vom Nennwert. Erfolgt die Liberierung nicht in bar, sondern durch Einbringung von Sachen oder Rechten ist die Emissionsabgabe auf dem Verkehrswert dieser Sachen oder Rechte im Zeitpunkt der Erbringung zu berechnen. Wie es sich bei der Verrechnungsliberierung verhält, wird weiter unten erläutert.
Werden die neuen Beteiligungsrechte nicht zu pari (d.h. zum Nennwert), sondern – wie üblich bei Finanzierungsrunden - mit einem Agio (zu Gunsten der gesetzlichen Kapitaleinlagereserven) ausgegeben (sog. Überpari-Emission), können vom Betrag, welcher der Gesellschaft zufliesst, die Beurkundungs- und Handelsregistergebühren sowie die Emissionsabgabe selbst abgezogen werden.
Je nach Finanzierungsrunde kann die Gesellschaft allenfalls den Freibetrag von CHF 1 Mio. in Anspruch nehmen. Mehr dazu findet man unten.
2. Entstehung der Abgabeforderung und Abrechnung
Die Abgabeforderung entsteht mit Eintragung der Beteiligungsrechte im Handelsregister und wird 30 Tage, nach Ablauf des (Geschäfts-)Vierteljahres, in dem die Abgabeforderung entstanden ist, zur Zahlung fällig (Art. 7 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 11 lit. b StG). Die Abrechnung erfolgt mit dem Formular 3 zum Abrechnen der schweizerischen Stempelabgaben der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV). Bei verspäteter Abrechnung der Emissionsabgabe ist grundsätzlich ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet.
B. Ordentliche Kapitalerhöhung durch Verrechnungsliberierung
Werden bei einer Finanzierungsrunde bestehende Wandeldarlehen in Eigenkapital gewandelt, erfolgt dies im Rahmen einer Kapitalerhöhung durch Verrechnungsliberierung. Auch in solchen Fällen liegt eine entgeltliche Begründung von Beteiligungsrechten nach Art. 5 Abs. 1 lit. a StG vor. Die Emissionsabgabe von 1% wird also auf demjenigen Betrag erhoben, welcher der Gesellschaft als Gegenleistung zufliesst. Dies entspricht dem durch Verrechnung getilgten Darlehensbetrag (inkl. allfälliger Zinsen).
Da auch bei Kapitalerhöhungen durch Verrechnungsliberierung in der Regel eine Überpari-Emission vorliegt, können für die Berechnung der Bemessungsgrundlage vom Betrag, welcher der Gesellschaft zufliesst, die Beurkundungs- und Handelsregistergebühren sowie die Emissionsabgabe selbst abgezogen werden.
Je nach Finanzierungsrunde kann die Gesellschaft allenfalls den Freibetrag von CHF 1 Mio. in Anspruch nehmen.
Die Abgabeforderung entsteht auch bei Kapitalerhöhungen durch Verrechnungsliberierung mit Eintragung der Beteiligungsrechte im Handelsregister und wird 30 Tage nach Ablauf des (Geschäfts-)Vierteljahres, in dem die Abgabeforderung entstanden ist, zur Zahlung fällig (Art. 7 Abs. 1 lit. a i.V.m. Art. 11 lit. b StG). Die Abrechnung erfolgt mit dem Formular 3 der ESTV und bei verspäteter Abrechnung ist grundsätzlich ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet.
C. Beispiel der Steuerabrechnung bei einer Finanzierungsrunde
Das Startup Lightning AG wurde im Jahr 2022 mit einem Aktienkapital von CHF 100‘000.00, eingeteilt in 1‘000‘000 Namenaktien mit einem Nennwert von je CHF 0.10 gegründet.
Zwölf Monate nach der Gründung führt die Gesellschaft eine Finanzierungsrunde zu einer Pre-Money Bewertung von CHF 4‘000‘000 durch. Insgesamt nimmt das Unternehmen CHF 1‘500‘000 auf und gibt im Rahmen einer ordentlichen Kapitalerhöhung 375‘000 neue Namenaktien mit einem Nennwert von CHF 0.10 und einem Ausgabepreis von CHF 4.00 aus. Die entsprechenden Beurkundungs- und Handelsregistergebühren belaufen sich auf insgesamt CHF 5‘000.00.
Welche Emissionsabgaben sind geschuldet?
- Bei der Gründung sind infolge des Freibetrags von CHF 1 Mio. keine Emissionsabgaben geschuldet.
- Bei der Kapitalerhöhung sind Emissionsabgaben auf einer Investition von CHF 600'000.00 geschuldet. Die ersten CHF 900’000.00 sind infolge des einmaligen Freibetrags von CHF 1 Mio. von der Abgabe befreit. Die restlichen CHF 500‘000.00 sind nicht befreit und auch bei späteren Finanzierungsrunden gilt kein Freibetrag mehr.
- Da eine Überpari-Emission vorliegt, berechnet sich die Emissionsabgabe wie folgt:
- 1% von (CHF 600‘000.00 – CHF 5‘000)/ 101 x 100 = CHF 5891.10
- Die Abrechnung der Emissionsabgabe erfolgt innert 30 Tagen nach Ablauf des (Geschäfts-)Vierteljahres, in dem die Kapitalerhöhung im Handelsregister eingetragen wurde, durch das Formular 3 der ESTV. Bitte beachtet, dass die Abrechnung fristgerecht gemacht werden muss, da ansonsten Verzugszinsen geschuldet sind.
- Zudem ist folgende Vorgabe des Verrechnungssteuerrechts zu beachten: Da die Aktien über pari ausgegeben werden, können Reserven aus Kapitaleinlagen (KER) gebildet werden. Entsprechend verändern sich der Bestand der Reserven aus Kapitaleinlagen und die Gesellschaft hat dies mit dem Formular 170 der ESTV (Kapitaleinlagen) zu melden. Diese Meldung hat innert 30 Tagen nach Genehmigung der Jahresrechnung zu erfolgen.
D. Gewährung von Aktionärszuschüssen
1. Bemessungsgrundlage
Auch Zuschüsse gehören zu den emissionsabgabepflichtigen Tatbeständen. Unter Zuschüsse werden Leistungen verstanden, die ein Aktionär oder Gesellschafter ohne entsprechende Gegenleistungen erbringt, die zu keiner Erhöhung des im Handelsregister eingetragenen Kapitals führen. Diese Zuschüsse stärken die Substanz eines Unternehmens, haben aber keine Veränderung der Beteiligungsrechte zur Folge. Bei Startups sind „klassische“ Zuschüsse eher selten, aber dennoch haben die Regelungen bei Zuschüssen eine praktische Bedeutung bei Finanzierungsrunden.
Es gibt nämlich Fälle, in denen Gesellschaften ihre Beteiligungsrechte im Rahmen einer Finanzierungsrunde „formell“ zum Nennwert ausgeben, aber mit den Investoren vereinbaren, dass das Agio separat auf das Gesellschaftskonto überwiesen werden soll (also ausserhalb der öffentlichen Beurkundung). In diesem Fällen qualifiziert die ESTV die (nicht öffentlich beurkundete) Agio-Zahlung als Zuschuss, sofern die Agio-Zahlung nicht ausdrücklich auch in den öffentlichen Urkunden zur Kapitalerhöhung vermerkt ist.
Bei Zuschüssen wird die Emissionsabgabe von 1% auf dem Gesamtwert des Zuschusses berechnet. Unerheblich ist dabei, ob der Zuschuss in bar, als Gutschrift oder Verrechnung, als Sacheinlage oder als Forderungsverzicht erfolgt.
Wichtig ist, dass bei einem Zuschuss der Freibetrag von CHF 1 Mio. nicht beansprucht werden kann und auch die Beurkundungs- und Handelsregistergebühren sowie die Emissionsabgabe können bei der Bemessungsgrundlage nicht abgezogen werden.
2. Entstehung der Abgabeforderung und Abrechnung
Bei Zuschüssen wird die Abgabeforderung 30 Tage nach Ablauf des (Geschäfts-)Vierteljahres, in dem die Abgabeforderung entstanden ist, zur Zahlung fällig (Art. 7 Abs. 1 lit. e i.V.m. Art. 11 lit. b StG). Die Abrechnung erfolgt mit dem Formular 4 der ESTV.
II. Ausnahme von der Steuerpflicht (Auswahl)
A. Freibetrag von CHF 1 Mio.
Beteiligungsrechte, die bei der Gründung oder einer Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft oder einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung entgeltlich ausgegeben werden, sind von der Emissionsabgabe ausgenommen, soweit die Leistungen der Gesellschafter bzw. Aktionäre gesamthaft CHF 1 Mio. nicht übersteigen (Freibetrag von CHF 1 Mio.).
Dieser Freibetrag kann bei der Gründung und bei späteren Finanzierungsrunden genutzt werden. Übersteigen die Leistungen der Aktionäre oder Gesellschafter gesamthaft einen Betrag von CHF 1 Mio., ist jedoch die Emissionsabgabe geschuldet. Zudem gilt der Freibetrag nur für entgeltlich ausgegebene Beteiligungsrechte, d.h. er findet keine Anwendung auf Zuschüsse oder auf die Ausgabe von Gratisaktien.
B. Sanierung
Keine Emissionsabgabe ist zudem bei Sanierungen geschuldet, d.h. in Fällen in denen eine Gesellschaft über echte Verluste verfügt und zur Beseitigung dieser Verluste Eigenkapital beschafft wird.
Massgebend sind hier Art. 12 StG, welcher dann zur Anwendung kommt, wenn die Erhebung der Emissionsabgabe eine offenbare Härte bedeuten würde, sowie Art. 6 Abs. 1 lit. k StG, welcher bei Startups von grösserer Bedeutung ist. Dieser hält fest, dass die bei offenen Sanierungen vorgenommene Begründung von Beteiligungsrechten oder die Erhöhung von deren Nennwert bis zur Höhe vor der Sanierung sowie Zuschüsse von Gesellschaftern bei stillen Sanierungen von der Emissionsabgabe ausgenommen sind, soweit (i) bestehende Verluste beseitigt werden und (ii) die Leistungen der Gesellschafter oder Genossenschafter gesamthaft CHF 10 Millionen nicht übersteigen.
Eine offene Sanierung ist gegeben, wenn das Aktienkapital zwecks Beseitigung von Verlusten herabgesetzt und anschliessend wieder erhöht wird. Bei der stillen Sanierung werden die Verluste der Gesellschaft mittels Forderungsverzichten oder Zuschüssen der Beteiligten gedeckt.
Die Frage, wann bestehende Verluste als beseitigt gelten, wurde kürzlich vom Bundesgericht in einem Entscheid vom 7. September 2023 entschieden. Gemäss Bundesgericht bedeutet eine Verlustbeseitigung die «tatsächliche Ausbuchung des Verlustvortrags», d.h. der Verlust muss mit infolge des Eigenkapitalzuschusses entstandenen Kapitaleinlagereserven buchhalterisch verrechnet werden (d.h. die Kapitaleinlagereserven verschwinden).
Dieser Entscheid des Bundesgericht, welcher der Praxis der ESTV folgt, bedeutet, dass sich ein Unternehmen entscheiden muss, ob es die Kapitaleinlagereserven mit den Verlusten verrechnen möchte (und Emissionsabgaben sparen will) oder es die Emissionsabgabe entrichtet und dafür die Kapitaleinlagereserven weiterhin nutzen will.
Welche Variante sinnvoll ist, muss im Einzelfall entschieden werden.
Für die Praxis wichtig ist, dass in Sanierungssituationen die im Stempelabgabegesetz vorgesehenen Ausnahmen im Detail geprüft und, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind, auch in Anspruch genommen werden. Es kann je nach Umfang der Eigenkapitalbeschaffung um viel Geld gehen.
Take Home Messages
- Beschafft sich ein Startup Eigenkapital über eine Finanzierungsrunde oder über Zuschüsse, ist die Emissionsabgabe von 1% zu berücksichtigen.
- Bei der entgeltlichen Begründung von Beteiligungsrechten gilt ein Freibetrag von CHF 1 Mio. Bei der Gewährung von Zuschüssen und Ausgabe von Gratisaktien gilt dieser Freibetrag nicht.
- Werden Beteiligungsrechte über dem Nennwert ausgegeben (Überpari-Emission), können von dem für die Berechnung der Emissionsabgabe massgebenden Betrag, welcher der Gesellschaft zufliesst, die Beurkundungs- und Handelsregistergebühren sowie die Emissionsabgabe abgezogen werden.
- Die Emissionsabgabeforderung entsteht bei Kapitalerhöhungen mit Eintragung der Beteiligungsrechte im Handelsregister und wird 30 Tage nach Ablauf des (Geschäfts-)Vierteljahres, in dem die Abgabeforderung entstanden ist, zur Zahlung fällig. Die Abrechnung erfolgt mit dem Formular 3 der ESTV und bei verspäteter Abrechnung ist grundsätzlich ohne Mahnung ein Verzugszins geschuldet.
Hinweis: Die Informationen in diesem Artikel dienen allgemeinen Informationszwecken und stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung dar. In spezifischen Einzelfällen kann der vorliegende Inhalt keine individuelle Beratung durch Fachleute ersetzen.