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Down Round Protection in Venture Capital-Finanzierungen – Wie können sich Investoren vor einer Preisverwässerung infolge einer zu hohen Unternehmensbewertung schützen?

Alain Friedrich
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Alain Friedrich
3.2.2022

Was versteht man unter einer Down Round?

Von einer Down Round spricht man, wenn eine Finanzierungsrunde zu einer Pre Money-Unternehmensbewertung durchgeführt wird, die unter der Unternehmensbewertung der letzten Finanzierungsrunde liegt.

Eine Down Round lässt sich am besten anhand eines Beispiels erläutern:  

Ausgangsbeispiel
Die XZG AG hat ein Aktienkapital von CHF 600'000.00, eingeteilt in 1'500'000 Stammaktien, 2'500'000 Vorzugsaktien A und 2'000'000 Vorzugsaktien B. Sämtliche Aktien haben einen Nennwert von CHF 0.10. Zudem verfügt XZG AG über genehmigtes Kapital im Umfang von CHF 100'000.00, eingeteilt in 1'000'000 Namenaktien zu einem Nennwert von je CHF 0.10.
Die Vorzugsaktien A wurden anlässlich einer Series A-Finanzierungsrunde zum Ausgabebetrag von CHF 1.00 ausgegeben (Gesamtinvestition von CHF 2'500'000.00).Die Vorzugsaktien B wurden anlässlich einer SeriesB-Finanzierungsrunde zum Ausgabebetrag von CHF 2.00 ausgegeben(Gesamtinvestition von CHF 4'000'000.00). Die Stammaktien wurden anlässlich derGründung gezeichnet und das genehmigte Kapital wurde schliesslich im Zuge der SeriesB-Finanzierungsrunde geschaffen.
Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung muss XZG AG nun erneuteine Finanzierungsrunde durchführen und benötigt neues Kapital im Umfang vonCHF 1'000'000.00.
Hierfürgibt die Gesellschaft 2'000'000 neue Vorzugsaktien C zu einem Ausgabebetrag proAktie von CHF 0.50 aus (Gesamtinvestition CHF 1'000'000.00). Die Series C-Finanzierungsrunde gilt damitals Down Round.

Was ist das Problem einer Down Round?

Bei einer Down Roundliegt der Preis für einen Unternehmensanteil unter demjenigen Preis, welchendie bisherigen Investoren für einen Unternehmensanteil bezahlt haben, d.h. der Wertder Anteile fällt unter das Niveau der ursprünglichen Investition.

Um Investoren vor einer solchen Preisverwässerung zuschützen, enthalten die Finanzierungsrunden regelmässig Schutzklauseln (sog. Down Round Protection-Klauseln).

 

Was ist eine Down Round Protection-Klausel?

Mit einer Down RoundProtection-Klausel wird vertraglich eine rückwirkende Bewertungsanpassung vereinbart,damit die bestehenden Investoren voll oder teilweise von den negativenAuswirkungen einer Down Roundgeschützt sind.

Greift die Down RoundProtection-Klausel, wird den bestehenden Investoren die Möglichkeitgegeben, innerhalb der im Zusammenhang mit der Down Round durchgeführtenKapitalerhöhung eine bestimmte Anzahl an zusätzlichen Unternehmensanteilen zumNennwert zu zeichnen, d.h. die hierdurch betroffenen Investoren haben dasRecht, zusätzliche Anteile zum Nennwert zu übernehmen.

Die Anzahl der den geschützten Investoren zum Nennwert zukommendenAnteile kann unterschiedlich festgelegt werden. Im Wesentlichen wird zwischenzwei Methoden,  der Full Ratchet-Methode und der WeightedAverage-Methode, unterschieden.

 

Wie funktioniert die Full Ratchet-Methode?

Die Full Ratchet-Methode stellt die für den Investorgünstigste Form des Verwässerungsschutzes dar. Der Investor ist bei dieserMethode berechtigt, so viele neue Unternehmensanteile zum Nennwert zuübernehmen, bis er im Ergebnis so gestellt ist, als hätte er seine bestehenden Unternehmensanteilezur (tieferen) Bewertung der Down Round erworben. Der Investor wird damitnachträglich so gestellt, als hätte er seine Investition insgesamt zum Preisder Down Round getätigt.

Die allgemeine Formel zur Berechnung der dem Investor zukommenden Anteile sieht wie folgt aus:  

Ausgangslage
Sofern im Ausgangsbeispiel die Down Round Protection-Klausel eine Full Ratchet-Methode vorsieht, haben die geschützten Investoren folgende Rechte:
  • Die Investoren der Series A haben das Recht, 2'500'000 neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu übernehmen. Aufgrund ihrer ursprünglichen Investition von CHF2'500'000 haben sie zusammen das Recht auf insgesamt 5'000'000 Anteile, wobei sie bereits 2'500'000 Anteile hält.
  • Die Investoren der Series B haben  das Recht, 6'000'000neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu erwerben. Aufgrund ihrer ursprünglichen Investition von CHF 4’000'000 haben sie zusammen das Recht auf insgesamt8'000'000 Anteile, wobei sie bereits 2'000'000 Anteile halten.
Die Berechnung von N erfolgt gemäss der obgenannten Formel und kann zusammengefasst wie folgt dargestellt werden:

Wie funktioniert die Weighted Average-Methode?

Die Weighted Average-Methodegreift weniger weit als die Full Ratchet-Methode.So wird bei der Berechnung des Preises P nicht einfach der Ausgabebetrag der Down Round herangezogen, sondern es wirdzur Ermittlung des Durchschnittspreises P das Volumen der vorherigenFinanzierungsrunden und der Down Round mitberücksichtigt.

Es gibt zwei Varianten der Weighted Average-Methode, die sog. Broad Based Weighted Average-Methode und die Narrow Based Weighted Average-Methode.

Die gründerfreundlichste Berechnungsmethode stellt die Broad Based Weighted Average-Methode dar. Bei der Berechnung des Durchschnittspreises P wird folgende Formel angewandt:

Ausgangsbeispiel
Im Ausgangsbeispiel würde sich der Durchschnittspreis P für die Investoren A und B wie folgt berechnen:
  • Der Durchschnittspreis P für die Series A-Investoren ergibt sich aus der Division der Investition I von CHF 8'000'000.00 (= CHF 1'000'000 aus der Down Round plus die theoretische Investition unter der Annahme, dass sämtliche7'000'000 Anteile zum Preis von CHF 1.00 gezeichnet wurden) durch die Anzahl der ausstehenden Aktien (inkl. genehmigtes Kapital) nach der Down Round (=9'000'000 Aktien). Dies ergibt einen Durchschnittspreis P von CHF 0.89.
  • Der Durchschnittspreis P für die Series B-Investoren ergibt sich aus der Division der Investition I von CHF 15'000'000.00 (= CHF 1'000'000 aus der Down Round plus die theoretische Investition unter der Annahme, dass sämtliche7'000'000 Anteile zum Preis von CHF 2.00 gezeichnet wurden) durch die Anzahlausstehender Aktien (inkl. genehmigtes Kapital) nach der Down Round (=9'000'000 Aktien). Dies ergibt einen Durchschnittspreis P von CHF 1.67.
Gestützt auf diese Durchschnittspreise kann der Wert N und damit die den geschützten Investoren zum Nennwert zukommenden Anteile wie folgt berechnet werden:
Sofern damit die Down Round Protection-Klausel im Ausgangsbeispiel eine Broad Based Weighted Average-Methode vorsieht, haben die geschützten Investoren folgende Rechte:
  • Die Investoren der Series A haben das Recht, insgesamt312’500 neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu übernehmen.
  • Die Investoren der Series B haben das Recht, insgesamt 400’000 neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu erwerben.

Die Narrow Based Weighted Average-Methode ist schliesslich ein Mittelweg. Bei der Berechnung des Durchschnittspreises P werden nur die von den Investoren in der betroffenen Finanzierungsrunde getätigten Investments berücksichtigt.

Bei der Berechnung des Durchschnittspreises P wird folgende Formel angewandt:

Example
Im Ausgangsbeispiel würde sich der Durchschnittspreis P für die Investoren A und B wie folgt berechnen:
  • Der Durchschnittspreis P für die Series A-Investorenergibt sich aus der Division der Investition I, bestehend aus dem Investitionsbetrag des betroffenen Investors und dem Investitionsbetrag der Down Round von insgesamt CHF 3'500'000.00 (= CHF 1'000'000.00 aus der Down Round plus die Investition der Series A-Investoren, d.h. 2’500'000 x CHF 1.00) und der Anzahl der Anteile S, bestehend aus der Summe der bei der Series A-Finanzierungund der Down Round ausgegebenen Aktien (= 4'500’000 Aktien). Dies ergibt einen Durchschnittspreis P von CHF 0.78.
  • Der Durchschnittspreis P für die Series B-Investorenergibt sich aus der Division der Investition I, bestehend aus dem Investitionsbetrag des betroffenen Investors und dem Investitionsbetrag der Down Round von insgesamt CHF 5'000'000.00 (= CHF 1'000'000.00 aus der Down Round plus die Investition der Series B-Investoren, d.h. 2’000'000 x CHF 2.00) und der Anzahl der Anteile S, bestehend aus der Summe der bei der Series B-Finanzierungund der Down Round ausgegebenen Aktien (= 4'000’000 Aktien). Dies ergibt einen Durchschnittspreis P von CHF 1.25.
Gestützt auf diese Durchschnittspreise kann der Wert N und damit die den geschützten Investoren zum Nennwert zukommenden Anteile wie folgt berechnet werden:

Sofern damit die Down Round Protection-Klausel im Ausgangsbeispiel eine Narrow Based Weighted Average-Methode vorsieht, haben die geschützten Investoren folgende Rechte:

 

  • Die Investoren der Series A haben das Recht,714’285 neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu übernehmen.
  • Die Investoren der Series B haben das Recht,1’200’000 neue Unternehmensanteile zum Nennwert zu erwerben.

Wie kann eine Down Round Protection-Klausel abgeschwächtwerden?

Gründerteams sind naturgemäss bestrebt, Down Round-Protection Klauseln vollständig zu vermeiden oder mindestens die Dauer des Verwässerungsschutzes zu beschränken. Der Grund ist offensichtlich: Zu einer Down Round kommt es, wenn sich der Unternehmenswertnegativ entwickelt. In dieser Situation gibt die Down Round Protection-Klausel den Investoren ein Bewertungsanpassungsrecht, welches sich zu Lasten der Gründer auswirkt.

Je nach Situation und Risikoallokation können die involvierten Parteien jedoch eine zeitliche Beschränkung des Verwässerungsschutzes oder ein sog. Pay To Play-Regelung vorsehen.

Bei der zeitlichen Beschränkung geht es darum, den Verwässerungsschutzbeispielsweise auf die nächstfolgende Finanzierungsrunde zu beschränken. In diesem Fall wären die Investoren nur geschützt, wenn die nächstfolgende Runde zu einer tieferen Bewertung durchgeführt wird. Sollte erst die übernächste Runde eine Down Round sein, würde den Schutzklausel nicht zur Anwendung kommen.

Bei Vereinbarung einer Pay To Play-Regelung wird der Verwässerungsschutz unter die Bedingung gestellt, dass die geschützten Investoren – üblicherweise unter vollständiger Inanspruchnahme ihres Bezugsrechts – neue Unternehmensanteile übernehmen. Sollten die Investoren ihr Bezugsrecht nicht ausüben, kann vertraglich vorgesehen werden, dass sie ihren Verwässerungsschutz und, je nach Vertragssituation, auch sämtliche übrigen Vorzugsrechte verlieren.

Durch eine Pay To Play-Regelung können Investoren zumindest mittelbar zu einer künftigen Finanzierung des Unternehmens gezwungen werden bzw. es kann ein Anreiz für die Investoren geschaffen werden, auch in den folgenden Finanzierungsrunden weiter zu investieren.

 

Fazit

Down Round Protection-Klauseln können bereits in einer Konstellation mit nur zwei Finanzierungsrunden zu einer erheblichen Verwässerung der Anteile des Gründerteam führen. Der Komplexität sind mit steigender Anzahl an Investoren und Finanzierungsrunden keine Grenzen gesetzt. Entsprechend hat die Verhandlung solcher Vertragsklauseln grosse Bedeutung und das Gründerteam sollte sich im Klaren darüber sein, welche Implikationen derartige Vertragsklauseln im worst-casehaben. Eine vorgängige Berechnung der Szenarien ist daher unabdingbar.

 

Disclaimer: Die in diesem Beitrag enthaltenen Informationen dienen allgemeinen Informationszwecken und stellen keine rechtliche oder steuerliche Beratung dar. Im konkreten Einzelfall kann der vorliegende Inhalt keine individuelle Beratung durch fachkundige Personen ersetzen.

Ein Start-Up führt in der Regel mehrere nacheinander stattfindende Finanzierungsrunden durch. Wird eine spätere Finanzierungsrunde zu einer tieferen Unternehmensbewertung durchgeführt als eine frühere Runde, spricht man von einer sog. Down Round. Bei einer Down Round kommt es – neben der üblichen Kapitalverwässerung – zu einer sog. Preisverwässerung. Durch die geringere Folgebewertung sinkt – neben dem prozentualen Anteil – auch der Wert der Anteile unter das Niveau der ursprünglichen Investition. Der nachfolgende Beitrag erläutert, wie sich Investoren vor einem solchen Wertverlust schützen können und welche Berechnungsmethoden in der Praxis zur Anwendung kommen.