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Die Schweiz plant Beitritt zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen

Nino Sieve
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Nino Sieve
5.4.2022

Das Haager Gerichtsstandsübereinkommen regelt die internationale Zuständigkeit von Gerichten in Zivil- und Handelssachen sowie die grenzüberschreitende Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen. Der Anwendungsbereich ist auf Handelsstreitigkeiten beschränkt und betrifft nur Streitigkeiten, in welchen sich die Parteien vorab auf die Zuständigkeit eines bestimmten Gerichtsgeeinigt haben (ausschliessliche Gerichtsstandsvereinbarung).

Das Abkommen enthält folgende drei Grundregeln:

  • Das Gericht eines Vertragsstaats, das in einer ausschliesslichen Gerichtsstandsvereinbarung benannt ist, muss sich als zuständig erklären (Art. 5).
  • Ein Gericht eines Vertragsstaats, der nicht der Staat des vereinbarten Gerichts ist, setzt Ver­fahren, für die eine ausschliessliche Gerichtsstandsvereinbarung gilt, aus oder weist die Klage als unzulässig ab (Art. 6).
  • Eine Entscheidung eines in einer ausschliesslichen Gerichtsstandsvereinbarung benannten Gerichts eines Vertragsstaats wird in den anderen Vertragsstaaten anerkannt und vollstreckt (Art. 10).

Das Übereinkommen gilt heute in der EU, in Mexiko, Singapur, Montenegro und im Vereinigten Königreich. Nun ziehtauch die Schweiz einen Beitritt in Erwägung. An seiner Sitzung vom 30. März2022 hat der Bundesrat die Vernehmlassung zum entsprechenden Bundesbeschlusseröffnet. Diese dauert bis zum 7. Juli 2022.

Ein Beitritt zum Haager Gerichtsstandsübereinkommen macht grenzüberschreitende Rechtstreitigkeiten berechenbar und ist damit für den Wirtschaftsstandort Schweiz von grossem Interesse. Darüber hinaus ist das Übereinkommen für Staaten interessant, die sich wie die Schweiz international als Gerichtsstandort positionieren. Dies ist nicht zuletzt vor dem Hintergrund der laufenden Bemühung zur Etablierung von internationalen Handelsgerichten von Bedeutung.

Weiter würde ein Beitritt auch die Ungewissheiten im britisch-schweizerischen Rechtsverkehr abmildern, welche aufgrund des Brexits entstanden sind. Aufgrund der Übergangsbestimmungen des Haager Gerichtsstandsübereinkommens (Art. 16)wird diese Massnahme jedoch die Vollstreckung von schweizerischen Urteilen im Vereinigten Königreich nur für jene Verträge verbessern, die erst nach Inkrafttreten des Übereinkommens für die Schweiz abgeschlossen wurden. Schweizer Unternehmen können dieses Problem durch eine Erneuerung ihrer Verträge mit ihren britischen Vertragspartnern umgehen.

Der Bundesrat will dem Haager Gerichtsstandsübereinkommen beitreten. Dieses regelt die Zuständigkeit von Gerichten bei internationalen Handelsstreitigkeiten und die grenzüberschreitende Anerkennung von Urteilen. Damit will der Bundesrat Rechtssicherheit schaffen und den Wirtschaftsstandort Schweiz stärken. An seiner Sitzung vom 30. März 2022 hat er die Vernehmlassung zum entsprechenden Bundesbeschluss eröffnet. Ein Beitritt würde auch die Vollstreckung von britischen Urteilen in der Schweiz erleichtern, welche nach Brexit ein wenig komplizierter geworden ist.