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Das digitale Notariat – elektronische öffentliche Beurkundung

Emmanuel Gruenig
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Emmanuel Gruenig
11.7.2023

Das Bundesrecht schreibt für viele Rechtsgeschäfte die Form der öffentliche Beurkundung vor. Als konkrete Beispiele zu nennen sind ein Grundstückkaufvertrag oder ein Ehevertrag, aber auch der Gründungsakt einer AG oder GmbH muss öffentlich beurkundet werden. Das Verfahren der öffentlichen Beurkundung ist nach kantonalem Recht geregelt und wird von einer Urkundsperson (bspw. von einem Notar oder einer Notarin) durchgeführt. Am Ende resultiert eine öffentliche Urkunde.

Nach geltenden Recht muss das Original einer öffentlichen Urkunde zwingend als Papierdokument erstellt werden. Mit dem Gesetzesentwurf zum Bundesgesetz über die Digitalisierung im Notariat soll das Beurkundungsrecht an heutige gesellschaftliche, technische und wirtschaftliche Entwicklungen angepasst werden. Zukünftig wird es möglich sein, das Original der öffentlichen Urkunde in elektronischer Form zu erstellen.

Nachfolgend eine Übersicht zu den wichtigsten Fakten:

Wieso braucht es (weiterhin) öffentliche Beurkundungen?

Eine öffentliche Beurkundung hat für den Rechtsverkehr unter Privaten eine grosse Bedeutung: Sie schützt vor übereilten Entscheiden, dient der Beweissicherung und schafft klare Verhältnisse im Hinblick auf Registereinträge. Da auf diese Weise die Rechtssicherheit und der Rechtsfrieden gefördert werden, ist es wichtig, die Weiterentwicklung der öffentlichen Beurkundung auch im elektronischen und digitalen Bereich nachhaltig zu gewährleisten.

Gibt es bereits heute elektronische öffentliche Urkunden?

Auch wenn aktuell das Original der öffentlichen Urkunde noch als Papierdokument zu erstellen ist, gab es vor gut 10 Jahren bereits erste vage Digitalisierungsbestrebungen. Seit 2012 können die Kantone in ihrem Beurkundungsrecht vorsehen, dass Urkundspersonen elektronische Ausfertigungen von Originalen in Papierform erstellen dürfen, welche (in digitaler Form) die gleiche Wirkung wie die originalen öffentlichen Urkunde in Papierform haben. Von dieser Möglichkeit wurde bislang nur zögerlich Gebrauch gemacht: 15 Kantone haben entsprechende Bestimmungen erlassen. Mit dem Gesetzesentwurf wurde daher ein neuer Anlauf genommen.

Wie sollen öffentliche Urkunden in Zukunft elektronisch erstellt werden?

Zur Erstellung einer öffentlichen Urkunde müssen die Urkundsparteien diese aktuell noch bei einer Urkundsperson vor Ort eigenhändig unterzeichnen, bevor sie von der Urkundsperson gestempelt oder gebunden und allenfalls gesiegelt wird. Es besteht zwar grundsätzlich die Möglichkeit, sich mittels Vollmacht vertreten zu lassen, ein physischer Kontakt der Urkundsparteien bzw. ihren Vertretern und der Urkundsperson ist jedoch meistens unumgänglich.

Für eine elektronische Beurkundung ist absolut zentral, dass die Urkundsparteien den Inhalt einer öffentlichen Urkunde zur Kenntnis nehmen können und dessen Wahrnehmbarkeit während des ganzen Beurkundungsprozesses gewährleistet bleibt. Da die Gesetzgebungskompetenz für den Beurkundungsprozess bei den Kantonen liegt, werden diese die Bestimmungen hierzu erlassen müssen. Eine entsprechende Bestimmung im Entwurf des Bundesgesetzes wurde aus diesem Grund auch gestrichen, weshalb die konkrete Ausgestaltung des Beurkundungsprozesses noch nicht definiert ist.

Klar ist jedoch, dass wenn für die öffentliche Beurkundung eine Genehmigung einer Urkundspartei erforderlich ist, diese ebenfalls auf der (elektronischen) öffentlichen Urkunde angebracht werden muss. Der Beurkundungsvorgang gelangt zum Abschluss, indem die Urkundsperson (bspw. ein Notar oder eine Notarin) der elektronischen öffentlichen Urkunde eine qualifizierte elektronische Signatur beifügt.

Ist eine rein digitale öffentliche Beurkundung denkbar?

Die grösste Hürde für eine rein digitale Beurkundung wird die (allfällige) Genehmigung des Urkundeninhalts durch eine Urkundspartei darstellen, da diese grundsätzlich die eigenhändige Unterschrift erfordert. Die mit einem qualifizierten Zeitstempel verbundene qualifizierte elektronische Signatur ist zwar der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt, sie hat sich jedoch in der breiten Bevölkerung (noch) nicht durchgesetzt. Damit eine rein digitale öffentliche Beurkundung dem breiten Publikum trotzdem zugänglich ist, soll es alternativ auch möglich sein, dass die eigenhändige Unterschrift grafisch erfasst werden kann. Allerdings muss bei dieser Option gemäss dem Gesetzesentwurf «das dazu eingesetzte Eingabegerät in der Lage sein, alle zur Identifizierung der unterzeichnenden Personen nötigen biometrischen Merkmale dieser Unterschriften aufzuzeichnen.» Denkbar ist daher, dass mithilfe von Grafiktabletts die charakteristischen Informationen einer menschlichen Unterschrift (Schreibgeschwindigkeit, Neigungswinkel und Druckstärke) sowie allfällige weitere biometrische Daten erfasst werden und diese der öffentlichen Urkunde als Randdaten beigefügt werden.

Steht den Urkundsparteien eine der beiden Optionen zur Verfügung (qualifizierte elektronische Signatur oder Tablett zur grafischen Erfassung der eigenhändigen Unterschrift), sollte einer rein digitalen öffentlichen Beurkundung nichts mehr im Wege stehen: Denn mit den heutigen Kommunikationsmöglichkeiten ist es möglich, dass alle beteiligten Personen mittels eines Videokonferenz-Programms miteinander kommunizieren und gleichzeitig den Urkundeninhalt über ein Grafiktablett wahrnehmen und schliesslich durch Unterzeichnung genehmigen können.

Welches Programm wird für den Beurkundungsprozess genutzt?

Ob den Urkundspersonen für den digitalen Beurkundungsprozess eine Software zur Verfügung gestellt wird oder ob sie freie Hand in der Auswahl der Kommunikationsmittel haben, ist zurzeit noch unklar. Hierbei wird die Vereinbarkeit mit dem Datenschutz-, Berufsrecht- und dem Strafrecht eine zentrale Rolle spielen.

Wo werden die elektronischen Originale der öffentlichen Urkunden aufbewahrt?

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Bundesamt für Justiz ein elektronisches Urkundenregister betreibt, in welchem sämtliche elektronischen Originale öffentlicher Urkunden zentral erfasst und dauerhaft aufbewahrt werden. Damit das elektronische Original jederzeit auffindbar ist, hat die Urkundsperson nach der Beurkundung für dessen Erfassung im Urkundenregister zu sorgen. Das im elektronischen Urkundenregister erfasste Original gilt sodann als Referenzexemplar.

Den Zugriff auf das elektronische Urkundenregister sollen lediglich Urkundspersonen, die Aufsichtsbehörde sowie Gerichte und weitere Behörden gestützt auf rechtskräftige Entscheide erhalten. Die Zugriffe sind zu protokollieren.

Ist eine elektronische öffentlichen Urkunde nur digital vorhanden?

Mit dem neuen Gesetz wird das Original einer elektronischen öffentlichen Urkunden im elektronischen Urkundenregister erfasst und dient als Referenzdokument. Es soll jedoch ohne Weiteres möglich sein, dass Urkundspersonen von einem solchen Referenzdokument elektronische Ausfertigungen oder Ausfertigungen in Papierform erstellen können. Umgekehrt soll eine Urkundsperson auch elektronische Ausfertigungen von auf Papier errichteten öffentlichen Urkunden erstellen können. Die gegenseitige Transformation von elektronischen öffentlichen Urkunden und auf Papier errichteten öffentlichen Urkunden wird somit sichergestellt.

Wo stehen wir im Vergleich zum nahen Ausland?

Mit der sogenannten «Digitalisierungsrichtlinie» gibt die Europäische Union ihren Mitgliedstaaten einen rechtlichen Rahmen für digitale Beurkundungsprozesse im Bereich des Gesellschaftsrechts vor. Hiernach wurden die EU-Mitgliedstaaten verpflichtet, bis zum 1. August 2022 ein Verfahren zur Online-Gesellschaftsgründung einzuführen. Im Vergleich zur EU besteht also Aufholbedarf. Wenn die Schweiz weiterhin ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben möchte, ist es wichtig, dass sie auch bei den Entwicklungen im Bereich der öffentlichen Beurkundung ganz vorne dabei ist.

Wann tritt das Gesetz in Kraft?

Nachdem in den parlamentarischen Beratungen noch gewisse Bestimmungen des Gesetzesentwurfs leicht angepasst, hinzugefügt oder gestrichen wurden, nahmen der Ständerat und der Nationalrat das Gesetz in ihren jeweiligen Schlussabstimmungen am 15. Juni 2023 an.

Verstreicht die Referendumsfrist ungenutzt, bestimmt der Bundesrat das Inkrafttreten des Notariatsdigitalisierungsgesetz. Es soll allerdings erst zusammen mit der noch vom Bundesrat zu erarbeitenden Verordnung in Kraft treten. Dies wird frühestens im Jahre 2024 der Fall sein.

Das Bundesrecht schreibt für viele Rechtsgeschäfte die Form der öffentliche Beurkundung vor. Als konkrete Beispiele zu nennen sind ein Grundstückkaufvertrag oder ein Ehevertrag, aber auch der Gründungsakt einer AG oder GmbH muss öffentlich beurkundet werden. Das Verfahren der öffentlichen Beurkundung ist nach kantonalem Recht geregelt und wird von einer Urkundsperson (bspw. von einem Notar oder einer Notarin) durchgeführt. Am Ende resultiert eine öffentliche Urkunde. Nach geltenden Recht muss das Original einer öffentlichen Urkunde zwingend als Papierdo-kument erstellt werden. Mit dem Gesetzesentwurf zum Bundesgesetz über die Digitalisierung im Notariat soll das Beurkundungsrecht an heutige gesellschaftliche, technische und wirt-schaftliche Entwicklungen angepasst werden. Zukünftig wird es möglich sein, das Original der öffentlichen Urkunde in elektronischer Form zu erstellen.