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Anwendbares Recht in Verträgen

Anina Groh
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Anina Groh
10.4.2024

Im internationalen Kontext führt bei Verhandlungen die Klausel zum anwendbaren Recht fast unweigerlich zu Schwierigkeiten und teils langen Diskussionen. Hier erfährst du, wie Verhandlungspartner effizient Lösungen finden können.

Das anwendbare Recht in Verträgen ist wichtig. Unternehmen sollte interne Regeln haben, in welchem Fällen zwingend ihr «Heimrecht» gelten muss und wo Spielraum besteht.

Das Problem: (Fast) keine Kompromisse und hohe Relevanz

Mit dem anwendbaren Recht bestimmen die Parteien nach welchem zugrundeliegenden Vertragsrecht (in der Schweiz das Obligationenrecht) der Vertrag beurteilt wird. In der Regel wird das Recht am Sitz der einen oder anderen Partei bestimmt. Seltener wird das Recht eines unabhängigen Drittlandes gewählt. Rechtswahlklauseln sind grundsätzlich zulässig. Es bestehen in einigen Rechtsordnungen aber Einschränkungen, z.B. bei mangelndem Sachbezug.

Die beste Lösung für dein Unternehmen ist in den allermeisten Fällen das anwendbare Recht des Landes zu wählen, in dem dein Unternehmen seinen Sitz hat. Logischerweise will dein Vertragspartner diese Lösung aber auch für sich. Sobald ihr also nicht im gleichen Land ansässig seid, fehlt es daher an einer einfachen Kompromisslösung.

Auch das anwendbare Recht nach einer blossen Formalitäten klingen mag und für Nicht-Juristen sehr abstrakt erscheint, so darf die Relevanz dieser Bestimmung nicht unterschätzt werden. Selbstverständlich sollst du davon ausgehen, dass dein Unternehmen keine Probleme mit dem Vertragspartner haben wird und der Vertrag nicht wieder «aus der Schublade» gezogen werden muss. Sobald dies aber nötig ist – und dies kann bereits bei kleinen Unklarheiten oder Missverständnissen der Fall sein – muss die rechtliche Situation aufgrund des anwendbaren Rechts beurteilt werden. Sobald rechtliche Beratung zum Vertrag nötig ist, benötigt es daher auch Rechtsberatung mit dem entsprechenden rechtlichen Hintergrund. Dies ist aufwändig (und in der Regel kostenintensiver), wenn dafür eine Beratung aus dem Ausland beigezogen werden muss.

Die Optionen

Häufig sinnvoll ist es das anwendbare Recht jener Vertragspartei zu wählen, welche die vertragstypische Leistung erbringt. Bei einem Software-as-a-Service-Vertrag wäre dies also z.B. das Recht jener Partei, welche die Software anbietet. Bei einem Liefervertrag für ein bestimmtes Produkt das Recht jener Partei, welche das Produkt liefert. Nicht bei allen Verträgen kann dies so eindeutig zugeordnet werden.

Die Wahl eines neutralen Drittstaatenrechts ist daher teilweise eine gute Kompromissvariante. Häufig gibt es Themenbereiche, die regelmässig unter einem bestimmten nationalen Recht verhandelt werden und es kann sich anbieten sich daran zu orientieren. Z.B. werden in Folge der EU-Forschungsförderung viele Forschungskooperationen unter belgischem Recht abgeschlossen. Zwischen europäischen und US-Unternehmen wird teilweise auf das UK-Recht «ausgewichen».

Eine weitere Lösung kann sein, dass ein Vertrag inhaltlich limitiert wird und dadurch für eine Partei ein bestimmtes anwendbares Recht akzeptabel wird. Typischerweise können z.B. Geheimhaltungserklärungen auf eine kurze Laufzeit beschränkt werden. Damit wird das Risiko überschaubarer und das ausländische Recht eher akzeptiert.

In welchen Situationen stur bleiben und in welchen nachgeben? Kriterien für den Entscheid.

Die Entscheidung über das anwendbare Recht sollte nicht dem Zufall und auch nicht nur der Verhandlungsmacht des Gegenübers überlassen werden (obwohl zweiteres in der Praxis der Regelfall ist).

Es empfiehlt sich abzuschätzen, welche Konflikte aufgrund des konkreten Vertrags möglich sind. Je «Konflikt-anfälliger» desto eher sollte das «Heimrecht» Anwendung finden. Zudem ist zu beachten, ob ein Unternehmen einen Bezug zum Ausland hat (z.B. Niederlassungen im Ausland) oder bereits einen Rechtsvertreter in einem bestimmten Land haben. Ist dies der Fall hat man geringere Nachteile bei einem Vertrag unter ausländischem Recht, weil die Ressourcen vorhanden sind.

Nicht zu unterschätzen ist im Weiteren die Sprache. Wenn ein/e ausländische/r Anwalt/Anwältin aus dem Ausland beigezogen werden muss, ist es wesentlich einfacher (und kostengünstiger), wenn eine Sprache gesprochen wird, welche die relevanten Personen in deinem Unternehmen beherrschen.

Praxistipp 1 – Früh verhandeln

In Verhandlungen macht es Sinn relativ früh das anwendbare Recht zu verhandeln, damit beide Parteien anschliessend wissen auf Basis welchen Rechts der Vertrag zu prüfen ist.

Praxistipp 2 - Nutzen als Verhandlungsmasse

Zu beachten ist schliesslich, dass jede Vertragsklausel Spielraum für die Verhandlungen bietet. Wenn es also sehr wichtige andere Bestimmungen in einem Vertrag gibt, kann es durchaus vertretbar sein, jene Bestimmungen zu seinen Gunsten zu verhandeln, und im Gegenzug ausländisches Recht zu akzeptieren.

Praxistipp 3 - Festlegen von internen Regeln

Definiere unternehmensintern, welche Verträge zwingend unter Heimrecht abgeschlossen werden müssen, und bei welchen es eher Spielraum für ausländisches Recht gibt. Die Kriterien sollten sich u.a. nach folgenden Kategorien richten: Finanzielles Volumen, Konflikt-Anfälligkeit, Laufdauer, Nähe zum Kerngeschäft des Unternehmens.

Je mehr Verträge dein Unternehmen abschliesst, desto eher lohnen sich solche Regeln, um im Prozessfall die Risiken gezielt minimieren zu können.

Es kann durchaus auch sinnvoll sein, dass gewisse Länder als ausländisches Recht grundsätzlich akzeptiert werden (z.B. deutsches Recht, weil dort eine Niederlassung mit einem Rechtsberater zur Verfügung steht, so dass im konkreten Fall schnell und unkompliziert auf diese Ressourcen zugegriffen werden kann).

Mit dem anwendbaren Recht im Zusammenhang steht die Klausel zum Gerichtsstand, dazu folgt in Kürze ein weiterer Blogbeitrag.

Im internationalen Kontext führt bei Verhandlungen die Klausel zum anwendbaren Recht fast unweigerlich zu Schwierigkeiten und teils langen Diskussionen. Hier erfährst du, wie Verhandlungspartner effizient Lösungen finden können.